Die Zukunft der Finanzen liegt auf der Blockchain, sind sich Experten sicher.

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Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder auch Dogecoin beweisen durch rasant steigende Wertkurse und immer stärkere Adaption die zunehmende Bedeutung von Blockchain-Technologien. Während viele Nutzer von der Möglichkeit begeistert sind, fälschungssichere Transaktionen ohne Einmischung durch Banken oder Regierungen durchführen zu können, zeigte sich im letzten Jahr auch, dass immer mehr Unternehmen ein Stück des Kuchens wollen. Ein besonders prominentes Beispiel ist diesbezüglich vermutlich, dass der Elektroautobauer Tesla vorübergehend Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptierte. Aber auch Dienstleister wie Mastercard, Visa und Paypal versuchen, sich als Early Adopter eine gute Position zu sichern.

Geht es nach Experten, dürften entsprechende Technologien künftig eine zunehmend zentralere Rolle spielen – und sich auf fast alle Lebensbereiche auswirken. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich auch die Zentralbanken mehrerer Staaten mit der Frage beschäftigen, wie traditionelle Währungen dank der Blockchain in ein digitales Zeitalter geführt werden könnten. Doch das scheint erst der Anfang zu sein.

"Alles, was mit Finanzen zu tun hat, egal ob Geld, Wertpapiere, Zertifikate oder Kredite, wird übermorgen auf Blockchain-Basis ablaufen. Zwar dauert es noch fünf bis zehn Jahre, aber an der Adaption im Finanzsektor führt kein Weg vorbei", ist sich Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschafter und Professor an der Frankfurt School of Finance and Management, sicher. Dort leitet er unter anderem das Blockchain Center, das die Bedeutung entsprechender Technologien für Unternehmen und die Wirtschaft analysiert.

Eine Innovation, die Zeit braucht

Laut ihm handle es sich um eine Innovation, die mit dem Internet oder auch dem Smartphone verglichen werden könne. Es sei also ganz logisch, dass die Neuerungen anfangs nur Individuen, dann kleinere Unternehmen und schlussendlich auch große Institutionen übernehmen würden. Dennoch erwartet Sandner einen weiteren Hype: "Ich glaube, dass die Inflation weiter steigen und Investmententscheidungen auslösen wird. Dadurch wird neues Geld in das Ökosystem hineinfließen." Hat man ein begrenztes Angebot, wie es zum Beispiel beim Bitcoin der Fall ist, wird dadurch auch der Preis ansteigen.

Doch warum erfreut sich die Blockchain überhaupt so großer Beliebtheit? Und was macht die Technologie so sicher, gibt es doch keine regulierende Institution, die den Betrug durch doppelt durchgeführte Überweisungen verhindert? Nun, in gewisser Weise ist die Frage gleichzeitig auch die Antwort. Denn Währungen wie Bitcoin haben einen Schritt hin zu einem demokratisierten Finanzmarkt gewagt, der im Falle derzeit beliebter Währungen nicht der Kontrolle traditioneller Finanzinstitutionen unterliegt – und absolut fälschungssicher ist.

Möglich ist das, indem jede durchgeführte Überweisung für alle User auf der Blockchain sichtbar ist. Sollte man also einen Fälschungsversuch unternehmen, müsste man die Geräte hunderttausender Menschen manipulieren, denen eine bestimmte Transaktion angezeigt wird. Das stellt eine quasi unüberwindbare Hürde dar.

Sicherheitsbedenken gelöst?

Vereinzelte Sicherheitsbedenken gibt es dennoch, vor allem wegen der Tatsache, dass getätigte Transkationen einerseits nicht rückgängig gemacht werden können, aber andererseits während der Durchführung potenziell für Cyberangriffe anfällig sind. Und auch hinsichtlich der Lagerung von Assets kommen stets neue Ideen auf, damit die Vermögenswerte nicht mit dem Internet verbunden sind und gestohlen werden. Laut Sandner gibt es mehr als 100 Firmen weltweit, die sich derzeit bereits auf eine solche Verwahrung spezialisieren, führend sollen dabei unter anderem Curv und Fireblocks sein.

Doch auch klassischere Finanzunternehmen scheinen in dieser Sparte Platz finden zu wollen. So ging das spanische Sicherheitsunternehmen Prosegur vor nicht allzu langer Zeit eine Partnerschaft mit dem israelischen Start-up GK8 ein, um – wie sie es selbst nennen – den "weltweit ersten Kryptobunker" anzubieten, also die Möglichkeit der sicheren Verwahrung aller möglichen Kryptowährungen. "Heute ist es der Bitcoin, morgen der Euro, der Dollar oder die Schweizer Franken, aber auch Aktien oder der Kfz-Schein", sagt Sandner.

Zukunft und Veränderung

Doch was würde eine Kommerzialisierung für die Szene und Enthusiasten bedeuten? "Es wird eine Veränderung geben, aber zum Positiven. Alle Leute wollen ja, dass sich die Technologien durchsetzen. Und wenn sie das tun, beschäftigen sich früher oder später auch große Unternehmen mit dem Thema. Es gibt ja nicht eine einzelne Bitcoin-Szene. Natürlich gibt es ein paar Hardcore-Techies, aber auch viele Leute, die sich darauf freuen, dass sich die Blockchain-Technologie durchsetzen wird", ergänzt er.

Neben dem oben beschriebenen Risiko des Totalverlusts sei laut ihm die größte Gefahr allerdings, sich nicht mit der Thematik auseinanderzusetzen. Bis zu einer Etablierung dürfte es dennoch eine Weile dauern, da sich traditionelle Finanzinstitutionen noch immer nicht ausreichend damit beschäftigen würden. Während in Deutschland inzwischen drei bis vier kleinere Banken aufgesprungen sein sollen, kommen langsam auch größere hinzu: "Deutschland entwickelt sich recht gut, Österreich auch. Ganz weit vorn ist aus meiner Sicht die Schweiz, die ist mindestens drei Jahre voraus", erklärt Sandner. Doch er ist sicher: Aufzuhalten ist die Entwicklung auf keinen Fall. (Mickey Manakas, 31.7.2021)