Der Radfahrer wurde laut OGH ausreichend vor den Unebenheiten auf der Fahrbahn gewarnt.

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Gemeinden oder Privatpersonen, die der Öffentlichkeit Wege zur Verfügung stellen, haften für damit verbundene Gefahren – allerdings nur dann, wenn sie grob fahrlässig handeln. Unter Umständen kann daher schon das Aufstellen von Warnschildern reichen, um den "Wegehalter" von einer Schadenersatzpflicht im Zusammenhang mit einem Unfall zu befreien, erklärte der Oberste Gerichtshof (OGH 26.5.2021, 2 Ob 2018/20b).

"Völlig desolater Weg"

Ein Mann war mit seinem E-Bike auf einem von einer Gemeinde errichteten Weg unterwegs gewesen. Da er ein aufgestelltes Gefahrenzeichen für "Querrinne/Aufwölbung" übersehen hatte, kam er bei einer Geschwindigkeit von rund 15 km/h zu Sturz und verletzte sich an der Schulter. Der Mann klagte und forderte knapp 35.000 Euro Schadenersatz von der Gemeinde. Sie hafte für den Weg, der "völlig desolat" gewesen sei. Die Fahrbahn hätte längst saniert werden müssen.

Die Gemeinde rechtfertigte sich damit, dass die Straße zuletzt mehr als sonst beansprucht worden sei. Aufgrund von Sturmschäden hätten große Mengen Holz abtransportiert werden müssen. Die Sanierung des Weges vor Beendigung der Holztransporte wäre unwirtschaftlich gewesen. Deshalb habe man zunächst nur Warnschilder aufgestellt.

OGH drehte Entscheidung

Erstgericht und Berufungsgericht gaben dem Fahrradfahrer aufgrund seiner unaufmerksamen Fahrweise Mitschuld am Unfall, bestätigten aber grundsätzlich den Schadenersatzanspruch gegen die Gemeinde. Für diese wäre es zumutbar gewesen, die bekannte Gefahrenstelle mit geringem Kostenaufwand zu sanieren. Das bloße Aufstellen von Warnschildern habe nicht gereicht, um die Gemeinde von ihrer Haftung zu befreien.

Der Oberste Gerichtshof sah das anders: Der "Halter eines Weges" – hier die Gemeinde – hafte nur, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen werden kann. Im konkreten Fall sei der Weg tatsächlich mangelhaft gewesen, der Gemeinde wäre eine provisorische Reparatur der Gefahrenstelle auch zumutbar gewesen. Allerdings treffe sie keine grobe Fahrlässigkeit: Diese liege dann vor, wenn die "gebotene Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise verletzt wurde und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist". Im aktuellen Fall sei der Radfahrer durch entsprechende Warnschilder aber ausreichend vor den Unebenheiten auf der Fahrbahn gewarnt worden. (japf, 30.7.2021)