Armin Laschet: Der VW-Golf der CDU?

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Armin Laschet fährt öko. Privat. Im April 2019 – da wollte er vielleicht schon Kanzler von Deutschland werden, hatte es aber noch längst nicht verraten – ließ Laschet wissen, er habe sich einen e.GO bestellt, einen kleinen Wagen mit Elektromotor, der in seiner Heimatstadt Aachen produziert wird. Fast taggenau zwei Jahre später – noch immer hielt er seinen Kanzlerplan geheim – sagte Laschet dann plötzlich, dem E-Auto gehöre die Zukunft nicht.

So geht es den Deutschen mit dem Mann, der für die Union (CDU/CSU) das Kanzleramt erhalten – manche sagen "retten" – will, in einem fort. Was auch immer das Thema ist, die Pandemie, der Klimawandel, die Steuern: Laschet sagt gerne etwas, auch ungefragt. Und gerne am nächsten Tag das Gegenteil.

Nur kein Nein

Vor allem bei Corona ist dieser Wankelmut aufgefallen, weshalb Laschet sich vergangene Woche entschloss, im ZDF-Sommerinterview auf ein entschiedenes Sowohl-als-auch umzuschalten. So lehnte er eine Impfpflicht ab – und kündigte an, falls nötig werde er "im Herbst (...) weiter nachdenken". Im Klartext: nach der Wahl.

Nimmt Deutschland Laschet dieses Lavieren übel? Oder den berühmt gewordenen Lachanfall vor den Flutopfern? Oder dass er nun einen Fehler in seinem Buch Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance von 2009 einräumen muss und eine Prüfung des gesamten Buchs veranlasste? Das sagen die aktuellen Umfragen nicht. Aber dass der Unionist in der Kanzlerfrage abrutscht, das brüllen sie geradezu heraus.

Grafik: DER STANDARD

Am Donnerstag meldete Forsa den Absturz: Könnten die Deutschen die Kanzlerfrage direkt beantworten, so wäre der Letzte, von dem sie sich gerade regieren lassen wollen, Laschet. Am Freitag berichtete die Forschungsgruppe Wahlen von "massiven Ansehensverlusten" für Laschet. Im Sympathie-und-Leistung-Ranking liegt er nur noch knapp vor der Grünen Annalena Baerbock. Aber weit hinter dem Sozialdemokraten Olaf Scholz. Und auch die CDU sackt wieder ab.

Offiziell wird in der Union so getan, als interessierte das nicht. Aber dass Markus Söder schon wieder bei TV-Talker Markus Lanz gastiert, dass er dort über den Schlafwagen-Wahlkampf mault, nachdem er jüngst die CSU-eigene Ergänzung zum Wahlprogramm "Schnellboot" genannt hat: Das beweist, dass die Realität anders aussieht.

Keiner hat Format

Wenn es überhaupt etwas gibt, das die Union – jenseits von Laschet, der scheinbar unbeirrt einfach immer weitermacht – beruhigen könnte, dann ist es ein Wert aus der Forsa-Befragung: Fast die Hälfte der Deutschen (46 Prozent) finden, weder Laschet noch Scholz noch Baerbock hätten Kanzlerformat.

Einerseits: Exakt das hieß es einst auch von Helmut Kohl. Und erst recht von Angela Merkel. Mit bekanntem Ausgang. Andererseits: Wo in diesem zweiten Pandemie-Sommer jenseits des Berliner Regierungsviertels die Kanzlerin-Nachfolge diskutiert wird, da passt die Stimmung exakt zur Umfrage.

Baerbock? Jung und frisch am Anfang. Aber wer noch nie regiert habe, dürfe nicht dermaßen unvorbereitet in eine Kanzlerkandidatur stolpern. Scholz? Reichlich blass, wenn auch regierungserfahren. Aber seine Partei, die SPD, sei sowieso unwählbar. Und Laschet? Unfassbar, dass die Union nichts Besseres aufzubieten habe.

Aber Laschet könnte am Stichtag zur Option mit dem geringsten Risiko werden. Er wäre dann so was wie der VW Golf unter denen, die Deutschland ab Herbst regieren wollen. Prinzip: Da kann man nichts falsch machen.

Bei der Union fänden sie das kein schlechtes Image. Den Golf gibt es ja in diversen Varianten. Forsa-Chef Manfred Güllner, am längsten im deutschen Meinungserforschungsgeschäft, nennt Laschet inzwischen den "Kandidaten ohne Eigenschaften". Und wenn auch sonst nichts sicher ist: Das ist kein Kompliment. (Cornelie Barthelme aus Berlin, 31.7.2021)