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Foto: AP / Michael Sohn

Berlin – Knapp zwei Monate vor der deutschen Bundestagswahl hat Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet Fehler in seinem Buch "Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance" aus dem Jahr 2009 eingeräumt und dafür um Entschuldigung gebeten. Zuvor war auf Twitter eine Gegenüberstellung des Plagiatsprüfers Martin Heidingsfelder veröffentlicht worden, die auf auffallende Ähnlichkeiten zwischen einer Passage des Laschet-Buchs und einem anderen Text hinweist.

"Mindestens ein Urheber des im Buch verwendeten Materials wird weder im Fließtext noch im Quellenverzeichnis genannt", räumte Laschet am Freitag ein. "Dafür möchte ich ausdrücklich um Entschuldigung bitten, denn sorgfältiges Arbeiten beim Verfassen von Werken und die Achtung des Urheberrechts sind für mich auch eine Frage des Respekts vor anderen Autoren. Um zu klären, ob es weitere Fehler gibt, werde ich unverzüglich die Prüfung des Buchs veranlassen."

Söder schießt quer

Die Scherereien treffen Laschet zu einem sensiblen Zeitpunkt. Zwar liegen CDU/CSU in Umfragen mit zuletzt 26 bis 30 Prozent weiterhin unangefochten auf Platz eins. Laschet selbst jedoch kämpft mit sinkenden Zustimmungswerten als potenzieller deutscher Bundeskanzler. In zwei aktuellen Umfragen wurde er gerade erst vom SPD-Anwärter Olaf Scholz überrundet, auch wenn dessen Partei erst hinter den Grünen auf dem dritten Platz liegt.

Das dürfte nicht zuletzt mit dem unglücklichen Agieren Laschets während der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands zusammenhängen, die auch Nordrhein-Westfalen traf. Er geriet in die Kritik, als er bei einem gemeinsamen Besuch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Erftstadt scherzte und lachte, während Steinmeier an jene erinnerte, die in der Flut vieles verloren haben.

Laschet bei Steinmeiers Rede ab Minute 11:10.
tagesschau

CSU-Chef Markus Söder, mit dem Laschet heftig um die Unions-Kanzlerkandidatur gerungen hatte, lässt unterdessen immer wieder öffentliche Manöverkritik zum Wahlkampf hören. Gerade erst verlangte er im "Spiegel" von Laschet mehr inhaltliche Aktivität und eine klarere Besetzung von Zukunftsthemen, damit die Union nach der Wahl nicht in der Opposition lande. Das Umfragehoch der Union der vergangenen Wochen sei vorwiegend durch Fehler der anderen Parteien entstanden.

Die abgekupferte Passage

Nun kommt die fragwürdige Passage in Laschets Buch hinzu, die Karsten Weitzenegger in der Nacht zum Freitag auf Twitter öffentlich machte. Er hatte die von Heidingsfelder zum Vergleich herangezogene Textpassage nach eigenen Angaben verfasst. Heidingsfelder bestätigte der dpa am Freitag, dass die Gegenüberstellung von ihm stammt.

Bei Weitzenegger heißt es dort: "Brain Gain ist für Herkunftsländer vor allem dann möglich, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nicht dauerhaft abwandern, sondern temporär in einem anderen Land Erfahrungen sammeln, die dann bei der Rückkehr eingesetzt werden können."

Laschet wiederum schreibt in seinem Buch: "Brain-Gain durch Migration ist auch für die Herkunftsländer möglich, dann nämlich, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nicht dauerhaft abwandern, sondern in einem anderen Land Erfahrungen sammeln und danach in ihr Heimatland zurückkehren." Auch ein kurz danach folgender Satz liest sich in der Gegenüberstellung ähnlich.

Nicht das erste Mal geschummelt

Es ist nicht das erste Mal, dass Laschet (60) durch Ungenauigkeiten auffällt. So gab es 2015 Klärungsbedarf mit dem Finanzamt als ans Licht kam, dass steuerlich beim Honorar für sein nun wieder in den Fokus geratenes Buch nicht alles korrekt gelaufen war. Sein Buchhonorar von 4.000 Euro hatte Laschet an das Integrationsprojekt Coach e.V. gespendet. Den Bucherlös versteuerte er nicht als Einnahme, setzte die Spende aber dennoch von der Steuer ab. Nachdem sich der CDU-Politiker zu den Vorwürfen zunächst nicht geäußert hatte, wuchs der Druck auf den Landesparteichef. In einer schriftlichen Erklärung gab Laschet den Fehler dann zu.

2015 verlor Laschet seinen Lehrauftrag an der RWTH Aachen, weil er Klausuren von Studenten verloren hatte und das Problem dann löste, indem er einfach Noten erfand. Diese Noten wurden später annulliert.

Auf Twitter war die Kontroverse um Laschets Buch mit dem Hashtag #Laschetschreibtab zwar eines der Topthemen am Freitag, die politischen Reaktionen fielen aber insgesamt verhalten aus. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erklärte im "Spiegel" erwartungsfroh: "Ich bin gespannt, was da bei Laschet nach seiner Entschuldigung noch alles kommt." CDU-Parteikollege Friedrich Merz zollte Laschet Respekt für die prompte Entschuldigung und die Transparenz.

Grünen-Landeswahlliste im Saarland abgelehnt

Die Fraktion der Grünen im deutschen Bundesland Saarland ist indessen am Freitag von der Bundestagswahl ausgeschlossen worden. Wie deutsche Medien berichten hat der Landeswahlausschuss seine Zustimmung wegen eines "schweren Wahlfehlers" untersagt. Dabei geht es um die Spitzenplätze auf der Landesliste. Die Grünen wollten den Berichten zufolge erst Hubert Ulrich nominieren, was heftig kritisiert wurde, weil es gegen das Frauenstatut der Partei verstoßen hätte. Demnach ist der Spitzenplatz nämlich Frauen vorbehalten.

Ein Schiedsgericht erklärte letztlich die Wahl Ulrichs für ungültig und dessen Ortsverband Saarlouis für von der Wahl ausgeschlossen. 49 Delegierte dürften also nicht mitstimmen – schließlich holte sich die 25-jährige Jeanne Dillschneider den Listenplatz. Der Landeswahlausschluss entschied nun, dass die Partei mit dem Ausschluss der Delegierten von der Abstimmung gegen das Demokratieprinzip verstoßen habe. (red, APA, 30.7.2021)