Eine Impfpflicht erscheint sinnvoll für Menschen, die mit anderen gezwungenermaßen in engeren Kontakt kommen.

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Es gibt Menschen, die können sich nicht gegen Corona impfen lassen. Sie sind noch zu jung oder aufgrund gesundheitlicher Belange nicht dazu in der Lage. Sie zu schützen ist Aufgabe der Gesellschaft und der Politik. In Österreich liegt diese Aufgabe in vielen Fällen in der Hand der Bundesländer. Deshalb wird jetzt auch so viel über eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen diskutiert. Weil – vereinfacht gesagt – das eine Bundesland dies macht, das andere aber jenes. Und die restlichen sieben irgendetwas dazwischen.

Das macht im Kampf gegen eine weltweite Pandemie keinen Sinn. Das Virus unterscheidet nicht zwischen Menschen, die auf dem Land oder in der Stadt ins Spital kommen. Es ist auch nicht mehr oder weniger ansteckend im Kindergarten eines Tourismusörtchens oder in einer Schule eines urbanen Wohnviertels. Und ein Blick auf die kürzlich veröffentlichte Österreichkarte zeigt auch keine bundesländerspezifischen Verbreitungsmuster der Impfbereitschaft in der Bevölkerung.

Warum ein Fleckerlteppich?

Warum also soll jedes Bundesland selbst entscheiden, ob neues Gesundheitspersonal eine Corona-Impfung vorweisen muss? Warum wird über derlei auch bei Schulpersonal in vielen Bundesländern noch diskutiert, während zum Beispiel Niederösterreich ab September nur mehr Geimpfte als Landesbedienstete aufnimmt? Kurzum: Warum entsteht hier in Sachen Impfpflicht ein Fleckerlteppich?

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat zwar allen Bundesländern eine Impfpflicht für Berufsgruppen, die im Spital oder im Pflegeheim arbeiten, empfohlen. Die Länder sind aber offenbar nicht in der Lage oder willens, zu einer gemeinsamen Vorgehensweise zu finden.

Die Impfpflicht, eine heiße Kartoffel

Wobei auffällt, dass sich insbesondere ÖVP-geführte Bundesländer derzeit für eine bundeseinheitliche berufsgruppenspezifische Impfpflicht aussprechen. Wenn es um die Umsetzung in ihrem Bundesland geht, sind nur manche bereits zur Tat geschritten – etwa Niederösterreich, das alle neuen Landesbediensteten zur Impfung verpflichtet, oder Vorarlberg. Rot regierte Bundesländer wie Wien und das Burgenland haben eine Impfpflicht für Neueinsteiger im Gesundheitsbereich (und teils darüber hinaus) eingeführt, sehen aber keine Notwendigkeit für ein bundeseinheitliches Gesetz. Vielleicht will mancher Landeschef die heiße Kartoffel Impfpflicht einfach lieber dem grünen Minister in die Hand drücken? Dazu passt auch, dass Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), wenn, dann nur über eine breite Lösung verhandeln will, die mehrere Berufsgruppen umfasst. Nicht nur Lehrerinnen und Lehrer allein.

Nur einheitliches Vorgehen macht Sinn

Welche Berufsgruppen von einer Impfpflicht bei Neuanstellungen umfasst sein sollten, wäre noch eine genauere Betrachtung wert. Sie erscheint sinnvoll für Menschen, die mit anderen gezwungenermaßen in engeren Kontakt kommen. In Schulen. In Krankenhäusern. In Kindergärten. In Pflegeheimen. Auch bei der Polizei? In der Sozialarbeit?

Ob es nun politisches Kalkül der ÖVP-geführten Länder ist, das heikle Thema an den Gesundheitsminister weiterreichen zu wollen, oder nicht: Nur ein einheitliches Vorgehen macht in dieser Sache Sinn. Also ist der Bund gefordert. Und zwar rasch, denn es ist Eile geboten. Die Infektionszahlen gehen längst wieder nach oben. Und es nahen Reiserückkehrerwellen, Herbst und Schulbeginn. (Gudrun Springer, 2.8.2021)