Der ÖVP-Europapolitiker Othmar Karas ist schon lange in der Politik – und circa genauso lange trägt er den Ruf mit sich herum, ein bissl fad zu sein. Das liegt nicht nur an seiner etwas hölzernen Rhetorik, sondern wohl auch daran, dass Europathemen nicht zwingend als aufregend wahrgenommen werden.

ORF

In der "ZiB 2 am Sonntag" zeigte Karas, dass es auch anders geht: Denn die Eskalation im Konflikt zwischen der Union und Polen rund um rechtsstaatliche Standards und mögliche Sanktionen für ein Augenauswischerei-Verfassungsgericht holte auch aus Karas so etwas wie Inbrunst heraus. Und eindeutige Antworten, was man ja in Interviews mit Spitzenpolitikerinnen und -politikern wirklich nicht gewohnt ist.

Kritik an Kurz

Das blieb auch dann so, als Moderator Martin Thür Karas auf seinen Parteichef Sebastian Kurz ansprach. Genauer gesagt auf den Vergleich, den der Kanzler zwischen von ihm wahrgenommenen Problemen bei einer Staatsanwaltschaft und dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche gezogen hat. Karas halte "diesen Vergleich für unangebracht, ich hätte ihn auch so nie gezogen". Es gebe ja einen Unterschied zwischen bewiesenem Missbrauch von Erwachsenen an Kindern und unbewiesenen Vorwürfen gegen Vertreterinnen und Vertreter der unabhängigen Justiz.

Und falls es noch einen Zweifel daran geben sollte, ob Karas und Kurz nicht gut miteinander können (allerdings zumindest bei Europawahlen auch nicht ohne einander), schuf Karas' Antwort auf Thürs letzte Frage Klarheit: Ob er seine Kritik dem Kanzler denn auch mitgeteilt habe? "Wir haben darüber nicht gesprochen." Fad war das nicht. (Sebastian Fellner, 2.8.2021)