Bild nicht mehr verfügbar.

Das Kind vom Kindergarten abholen können: Dafür ist die Elternteilzeit gedacht. Dennoch nehmen sie selten beide Eltern in Anspruch. Die Arbeiterkammer fordert einen Bonus als Anreiz.

Foto: Getty Images

Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) fordern einen Bonus für Eltern, die beide gleichermaßen ihre Arbeitszeit reduzieren. Bei 28 bis 32 Stunden pro Woche soll es 250 Euro pro Monat geben. Insgesamt wäre das also ein Zuschuss von 500 Euro pro Paar. AK und ÖGB stützen sich auf eine Umfrage, wonach 72 Prozent der Befragten einen solchen Bonus befürworten würden. Dadurch soll es bei der Familienarbeit mehr in Richtung halbe-halbe gehen. Aktuell gehen in weniger als zehn Prozent der Partnerschaften beide in Teilzeit, um mehr Zeit für die Kinder zu haben.

Der Vorschlag der AK ist nicht neu, und auch andere haben ihn schon gebracht. Zum Beispiel Manuela Vollmann, Geschäftsführerin des ABZ*Austria, eines Vereins zur Förderung von Frauen im Berufsleben. Sie schlägt vor, dass das Gehalt von Eltern ähnlich wie bei der Kurzarbeit aufgestockt wird, wenn beide 30 Stunden arbeiten, und nennt das Konzept "Elternzeit".

Eine solche Maßnahme wäre ein guter Anfang. Denn bei einigen Jungeltern mag es tatsächlich das liebe Geld sein, das sie dazu bringt, sich für den klassischen Weg zu entscheiden. Also dafür, dass der Mann weiter Vollzeit arbeitet und die Frau reduziert. Dass Männer mehr verdienen – etwa weil sie in Branchen arbeiten, in denen bessere Gehälter gezahlt werden –, ist eine Tatsache. Und einige hundert Euro pro Monat mehr oder weniger, das kann für junge Familien durchaus einen Unterschied machen.

Gut, aber nicht genug

Damit sich jedoch wirklich etwas verändert, muss früher angesetzt werden: bei der Karenz. Denn dass nur die Frau in Teilzeit geht, ist häufig einfach eine logische Fortführung der bisherigen Aufteilung. Und die lautet so: Die Mama betreut das Kind, der Papa geht arbeiten. Die Frau ist durch das den Mutterschutz ohnehin vier Monate weg vom Job – ergo übernimmt in den meisten Fällen auch gleich sie die Karenz.

Männer bleiben deutlich seltener zu Hause, zeigen die Zahlen. Ihr Anteil liegt derzeit nur bei etwa fünf Prozent. Sie bleiben auch kürzer zu Hause. Das führt dazu, dass es vor allem die Mutter ist, die die Bedürfnisse des Nachwuchses kennt. Sie ist schließlich immer da – während der Vater arbeitet und oft erst spätabends kommt, wenn das Baby längst im Bett ist. Irgendwann lässt sich das Kind oft nur noch von Mama füttern und trösten. Damit es kein Drama gibt, übernimmt hauptsächlich sie diese Aufgaben. Sie bringt das Kind zum Schlafen und beruhigt es in der Nacht. Sie ist die, die die Eingewöhnung im Kindergarten macht und das Kind frühnachmittags dort abholt. Sie ist die, die angerufen wird, wenn es hustet oder sich einen Schiefer eingetreten hat. Sie kocht das Mittagessen, wäscht die Wäsche und räumt auf.

Exklusive Papazeit

Was es für halbe-halbe also noch bräuchte? Einen Karenzanteil, der nur für Männer reserviert ist. Er führt nämlich dazu, dass mehr Väter zu Hause bleiben, wie auch die Familienforscherin Sabine Dörfler sagt. Und wenn Väter sich bereits in den ersten Jahren gleichermaßen kümmern, tun sie es später wahrscheinlich auch noch. Wenn man die Verantwortung monateweise alleine trägt, entsteht eine besondere Verbindung, ein nachhaltiges Verantwortungsgefühl.

In anderen Ländern gibt es diesen fixen Anteil für Papas bereits. Zum Beispiel in Island, wo neun von zehn Vätern in Karenz gehen. Dort sind fünf Monate exklusiv für sie reserviert. Nimmt sie eine Familie nicht in Anspruch, verfallen sie – nach dem Motto "Use it or lose it". Das wäre auch eine Idee für Österreich. Hierzulande gibt es gute Ansätze, die ausgebaut werden könnten. So verlängert sich beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld der Anspruch von zwölf auf 14 Monate, wenn auch der Vater in Karenz geht. Voraussetzung ist, dass er mindestens zwei Monate übernimmt.

Das "Problem" dabei: Häufig nimmt er sie gleichzeitig mit seiner Partnerin. Und oft bleibt es auch bei diesen zwei Monaten. Das ist aber nicht genug, sagen Expertinnen. Mindestens vier brauche es, um wirklich etwas mitzubekommen. Wer selbst ein Kind hat, kann das vielleicht bestätigen. Bis sich der gemeinsame Alltag eingespielt hat, das dauert. Bis man einen Rhythmus hat, eine Strategie, das braucht Zeit. Aber irgendwann gelingt es, und dann kann er sehr bereichernd sein, der Alltag mit diesem neuen kleinen Menschen. Das sollten auch viele Väter erleben. Um dann möglicherweise festzustellen, dass sie diese Zeit nicht mehr missen – und ihre Arbeitszeit zugunsten der Familie reduzieren wollen. (Lisa Breit, 2.8.2021)