ORF-Chef Alexander Wrabetz im Mai 2021 im STANDARD-Interview zur Generalswahl, nachzulesen hier.

Foto: Regine Hendrich

Wien – "Leadership" betitelt der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sein Bewerbungskonzept für eine weitere Amtszeit ab 2022. Wrabetz stellte nun sein komplettes Bewerbungskonzept zur Veröffentlichung zur Verfügung, DER STANDARD kann es hier zum Download anbieten. Transparenz betonen viele Bewerber und Bewerberinnen um die Führung von Österreichs größtem Medienunternehmen.

Bewerbungskonzept-Alexander-Wrabetz-28.7.2021-final.pdf

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Das komplette Bewerbungskonzept von Alexander Wrabetz zum Download (PDF).

Die nächsten 30 Monate würden entscheidend für die Zukunftssicherung des ORF, zur Stärkung der digitalen Souveränität Europas und der "digitalen Heimat Österreichs", schreibt Wrabetz und führt aus, wie er "die digitale Transformation managen" will.

"Unabhängigkeit verteidigen"

Er betont: "Absolute Kernkompetenz des ORF ist seine größtmögliche Unabhängigkeit und objektive Informationsleistung in allen Medien, für die er großes Vertrauen und hohe Legitimation genießt. Die Wahrung dieser Unabhängigkeit ist für den ORF existenziell: Ich werde die journalistische Unabhängigkeit und die Objektivität auch in Zukunft vehement verteidigen."

Wrabetz' medienpolitische Kooperationspläne

Der ORF-General listet eine Reihe großer medienpolitischer Pläne und Kooperationsprojekte auf:

  • Der ORF werde sich an der Entwicklung einer "European Public Sphere" beteiligen, dem Projekt eines gemeinwohlorientierten Netzwerks europäischer Digitalplattformen. Im April verkündeten Arte, ARD, ZDF, France Télévisions und SRG SSR "The European Collection", eine gemeinsame Programmauswahl in ihren Mediatheken.
  • Der ORF solle sich am Streaming-Netzwerk der Mediatheken deutscher öffentlich-rechtlicher Sender beteiligen. Wrabetz schreibt, er habe "die entsprechenden Schritte gegenüber unseren deutschen Partnern bereits gesetzt".
  • In der Klassik will Wrabetz weiterhin eine "kulturelle Stärke" Europas gegen digitale Plattformkonzerne wie Google, Facebook, Apple und Amazon ausspielen. Die mit Jan Mojtos Unitel betriebene Klassikplattform "Myfidelio" sei eine "Basis, um hier zum Beispiel mit Arte Concert und/oder den Kulturangeboten der deutschen Öffentlich-Rechtlichen eine europäische Streaming-Allianz im Klassikbereich zu schaffen".
  • Wrabetz plädiert im Konzept auch für ein gemeinsames Streaming-Netzwerk für die TV- und Video-Aktivitäten der Printmedien und des ORF. Der ORF solle die gemeinsame Plattformtechnologie zur Verfügung stellen; "die medienübergreifende Suche und Personalisierung ermöglicht aber gleichzeitig eigene Zugänge und stellt den Erhalt der für das jeweilige Publikum gewohnten Nutzeroberflächen sicher".
  • Wrabetz verweist auch auf das schon länger vorbereitete gemeinsame Login für Medienunternehmen, an dem nun die APA arbeitet. Wrabetz: "Nach erfolgreicher Etablierung des ORF-Players ist auch dessen Koppelung nach dem BBC-Modell an eine GIS-Registrierung geplant."
  • Das gemeinsame Streaming-Netzwerk und das gemeinsame Medien-Login seien die Basis für eine "Recommendation Engine", also eine Empfehlungsfunktion: "Der ORF plant die Einbindung ausgewählter journalistischer Inhalte österreichischer Qualitätsmedien aus den Bereichen Information, Kultur, Sport und Unterhaltung im Rahmen des ORF-Online- Networks. Relevante Artikel, Podcasts und Videos finden dadurch ein größeres Publikum, bestehende Medienmarken bleiben erhalten, und Quellentransparenz bleibt gewahrt."
  • Das Medien-Login sei zudem Voraussetzung für eine gemeinsame programmatische Werbevermarktung im Online-Bereich, "um den Abfluss von Werbegeldern zu internationalen Plattformen zu unterbinden und um Wertschöpfung in Österreich zu halten". Wenn der ORF für den Player auch Gebühreneinnahmen verwenden darf, sei "eine asymmetrische Verteilung allfälliger Player-Vermarktungserlöse zugunsten privater Medien denkbar", heißt es in Wrabetz' Konzept.
  • Wrabetz stellt auch – eine langjährige Forderung einzelner privater Medienhäuser – über die bestehende Rechtekaufmöglichkeit hinaus "eine kontrollierte teilweise Öffnung des ORF-Radio- und -Fernseharchivs für private Medien in bestimmten Programmbereichen" in Aussicht. Private sollten "daraus künftig selbst neue Sendungen gestalten können, um den Mehrwert für das Publikum zu erhöhen".

"Zukünftige Medienordnung"

Wrabetz will mit den übrigen Medien, "insbesondere" den Mitgliedern des Kaufzeitungsverbands VÖZ, "eine Übereinkunft über diese Projekte" finden und mit dieser "Übereinkunft" wie mehrfach in der Vergangenheit "an den Gesetzgeber herantreten".

Wrabetz: "Nach der Bestellung der ORF-Geschäftsführung sollen die bereits mit dem VÖZ begonnenen Gespräche über die Eckpunkte für die gemeinsame zukünftige Medienordnung finalisiert werden, damit auf dieser Basis im Jahr 2022 die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen auch tatsächlich geschaffen werden können." (fid, 3.8.2021)