Da leben die 80er hoch: Protagonisten des Chaos Computer Clubs in ihrem natürlichen Habitat, vor allerlei frühen elektronischen Datenverarbeitungsgeräten.

Neue Visionen Filmverleih

Es ist schon bezeichnend, dass die ersten Bilder des Dokumentarfilms Alles ist eins. Außer der 0. Albert Einstein zeigen. Die Regisseure Klaus Maeck und Tanja Schwerdorf stellen ihrem Porträt über Hacker – genauer über den seit den 1980er-Jahren bestehenden Chaos Computer Club (CCC), noch genauer über dessen Gründer Wau Holland – einen Erfinder voran, der mit politischem, aufklärerischem Engagement in Verbindung gebracht wird, und lenken so den doch negativ konnotierten Begriff des "Hackers" in eine neue Richtung.

Politik und Pop

Assoziiert man damit den Missbrauch von Daten, wird man hier schnell vom Gegenteil überzeugt. Als hätte man mehrere Tabs auf dem Bildschirm geöffnet, folgt man in einem Bild- und Tonstrom, gespeist aus Found Footage der 80er und 90er, einer Assoziationskette und Informationsflut: Archivmaterialien des CCC, Werbefilme und Musikvideos diverser Punkbands oder Spielfilmausschnitte – letztendlich landet man auch hier irgendwann bei Katzenvideos.

Durch "Dr. Waus Chaos Computer Film", wie es im Untertitel heißt, führt als Erzähler der Journalist und Schriftsteller Peter Glaser, der sich 1984 mit Holland anfreundete und daraufhin Chefredakteur der CCC-Zeitschrift Datenschleuder wurde. Wie ein Spion in einem Agentenfilm, eine Katze streichelnd, sitzt dieser vor einer Monitorwand, seine Sätze gehen in jene des Archivmaterials über, werden unterbrochen, weitergeführt, abgenommen.

Auch Maeck hat einen persönlichen Bezug: 1984 filmte er Hollands "Datenklo", einen selbstgebauten Akustikkoppler aus Sanitärartikeln, der das Telefon mit dem Datennetz verband. Und so setzen die Regisseure, die ihre Hauptfigur liebevoll als Gründungsseele bezeichnen, einem Club ein Denkmal, der sich bis heute dem Schutz privater Daten und der Informationsfreiheit verschreibt: Nach Tschernobyl zeigte der CCC Informationsmissstände über die tatsächliche Strahlungsbelastung auf. 2008 wurde der Fingerabdruck des Politikers Wolfgang Schäuble kopiert und so die Fälschungssicherheit von biometrischen Daten widerlegt.

Sicherheitslücken

Wirft man heute einen Blick auf die Webseite des CCC, findet man Artikel über Sicherheitslücken in Corona-Testzentren in Bezug auf sensible Daten. Doch es gab auch Mitglieder, die in die Kriminalität rutschten und zugunsten diverser Geheimdienste arbeiteten. Zwei bislang ungeklärte Hacker-Selbstmorde machen die Doku auch zu einem kleinen Kriminalfall.

Ein spannender, neuer Blick ins Hacker-Universum, auch wenn man dort nicht alles versteht. (Katharina Stöger, 3.8.2021)