Die Wallersee-Ostbucht könnte bald ebenso verbaut werden wie das Gelände in Mittersill.

Foto: Chris Hofer

Bisher steht am Pass Thurn in Mittersill nur eine Lärmschutzwand an der Landstraße, die nach Kitzbühel geht.

Foto: Stefanie Ruep

Die Bauarbeiten für das Luxusressort standen während der Corona-Krise still.

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Schauplatz Nummer eins, Oberpinzgau: Hier soll eines der österreichweit aktuell umstrittensten Tourismusprojekte entstehen – das Six-Senses-Resort am Pass Thurn in Mittersill an der Grenze von Salzburg zu Tirol. Während der Corona-Krise standen die Bauarbeiten für das Hotel mit 77 Zimmern, 45 Appartements sowie 13 Luxus-Chalets unmittelbar neben einem großen Naturschutzgebiet, dem Wasenmoos, still. Gerüchte über fehlende Investoren und gar eine Absage des Projekts machten die Runde.

Nun soll es aber doch weitergehen mit den Six Senses Kitzbühel Alps, sagt Projektentwickler Michael Staininger. Als Generalunternehmer sei die auf Bau- und Immobilienwirtschaft, Hotellerie und Gastronomie spezialisierte Lindner Group aus Bayern mit an Bord. Bis 2024 soll der Luxusbau auf 1200 Meter Seehöhe fertig sein. Bisher steht allerdings nur eine Lärmschutzwand an der Landstraße, die nach Kitzbühel führt.

Die Sache mit dem E-Porsche

Weil Chaletdörfer inzwischen ein schlechtes Image haben, wollten die Betreiber rasch die Bezeichnung Chalets loswerden. Die geplanten Luxusbauten nennen sie nun "frei stehende Villen", die bereits 2023 an die Eigentümer übergeben werden sollen. Jedoch ohne den angekündigten "Gratis"-E-Porsche Taycan als Draufgabe zu einem der bis zu 8,5 Millionen teuren Luxus-Chalets. Porsche ist als Kooperationspartner des Luxusresorts auf der Sonnenseite im Oberpinzgau abgesprungen.

Aufgrund des medialen und politischen Drucks sei die Partnerschaft einvernehmlich beendet worden. In einigen Wochen solle jedoch ein neuer E-Mobilitäts-Partner präsentiert werden, sagen die Projektentwickler. Die massiven Proteste von Alpenverein und Naturschutzorganisationen, aber auch die fast durchgehend negative Stimmung in der Bevölkerung dürften wohl auch zum Ausstieg der Luxusautomarke beigetragen haben.

Dolomiten im Oberpinzgau

Auch der Medientermin zum Neustart der Bauarbeiten vergangene Woche verlief holprig. Das Pressegespräch war kurzfristig vom Pinzgauer Mittersill nach Anif nahe der Landeshauptstadt verlegt worden – offiziell wegen der einfacheren Anreise. Doch eigentlich wollte man wohl den Protesten aus der Bevölkerung entgehen. Das Projekt ist seit Anbeginn 2019 von Demonstrationen von Bewohnern gegen den Ausverkauf begleitet.

Aber auch der verlegte Pressetermin blieb nicht ohne Gegenwind. Unter den Zuhörern war der Fotograf Lois Hechenblaikner, der für seine Dokumentationen des überbordenden Tourismus – zuletzt auch in der Causa Ischgl – bekannt ist. Hechenblaikner ließ die Projektmanager öffentlich über ihre eigenen Werbeschmähs stolpern: Sie hatten das im Süden der Kitzbüheler Alpen angesiedelte Chaletdorf im Katalog mit einem Bild aus den Dolomiten im Hintergrund beworben.

Die Wallersee-Ostbucht

Schauplatz Nummer zwei, Flachgau, Neumarkt am Wallersee. Hier geht es nicht um Luxus-Appartements und Chalets wie im Pinzgau, sondern nur um einen Hotelbau mit kolportierten 249 Betten. Dieser soll in der Wallersee-Ostbucht entstehen, also just dort, wo sich aktuell das öffentliche Strandbad für die Neumarkter und ihre Gäste befindet.

Wobei die Bettenanzahl von 249 genauso inoffiziell ist wie der Gesamtplan. Die Rede ist von Aufschüttungen im See, einer Mole, der Absiedelung des Kindergartens, einer Verkleinerung des Campingplatzes und anderem mehr. Projektentwickler soll eine Consulting-Agentur sein, als Hotelbetreiber ist eine der großen US-amerikanischen Hotelketten im Gespräch.

Es gibt freilich noch kein eingereichtes Projekt; dass es überhaupt solche Pläne gibt, dürfte eher irrtümlich im Zuge eines Informationsabends zum räumlichen Entwicklungskonzept öffentlich geworden sein. "Da hat wer die falsche Folie ausgelegt", berichtet einer der Beteiligten im STANDARD-Gespräch.

660 Unterschriften

Die Wogen gehen seither hoch. Viele Neumarkter fürchten um den freien Seezugang, eine erste spontan organisierte Protestresolution gegen den Ausverkauf der Ostbucht wurde von mehr als 660 Personen unterschrieben.

Seither diskutiert man in Neumarkt die Frage, was 660 Unterschriften wert seien. Während Vizebürgermeister David Egger (SPÖ), ein erklärter Gegner eines Hotelprojekts in der Ostbucht, meint, mehr als zehn Prozent der Bevölkerung wären ein deutliches Zeichen, bemüht Bürgermeister Adolf Rieger (ÖVP) laut Salzburger Nachrichten den Umkehrschluss: Das bedeute, dass die anderen 90 Prozent nicht gegen ein Hotelprojekt seien. (Stefanie Ruep, Thomas Neuhold, 5.8.2021)