Louis Vuitton würde 200 Jahre nach seiner Geburt Augen machen.

Foto: Tous Droits, Collection Vuitton

Eine Gaming-App zum Geburtstag, was hätte Louis Vuitton, der Mann mit dem eindrucksvollen Schnauzer wohl dazu gesagt? Am 4. August wäre der Franzose 200 Jahre alt geworden, der digitale Marketing-Gag des nach ihm benannten Luxusunternehmens hätte ihren Begründer wohl ratlos zurückgelassen: Was hat das noch mit meinen Koffern zu tun? Wahrscheinlich würde er auch sein Unternehmen, das seit der Fusion mit Moët Hennessy im Jahr 1987 zum Luxuskonzern LVMH gehört, nicht mehr wiedererkennen.

Fester Bestandteil der Popkultur

Die Koffer, mit denen alles begann, sind schon lange eine Baustelle von vielen. Die ineinander verschlungenen Initialen des Gründers schmücken alles, womit Geld zu machen ist: die Modekollektionen der Designer Virgil Abloh und Nicolas Ghesquière, Handtaschen, Uhren, Schmuck, Parfums. Wer fünfstellig investiert, bekommt auch Fahrräder und Golftaschen. Der Mann mit dem Schnauzer würde Augen machen: Das französische Luxusunternehmen ist fester Bestandteil der Popkultur. So ziemlich jeder Rapper von Jay Z bis Pop Smoke hat der Marke eine Zeile gewidmet, derzeit ist der asiatische Markt der Augapfel von Louis Vuitton: Jin, Jimin, V, Suga, RM, J-Hope und Jungkook, die Mitglieder der koreanischen Boygroup BTS sind die neuesten Markenbotschafter.

Auch die Aktivitäten des Unternehmens anlässlich des 200. Geburtstags richten sich an die Jungen, kaufkräftige Millennials und die Generation Z, vor allem in China: In Louis – The Game begibt sich Vivienne, das hölzerne Maskottchen mit der ledernen Monogramm-Krause, auf eine Reise durch die Geschichte der Marke: Das Leben des Firmengründers ist im Jahr 2021 ein buntes Gaming-Abenteuer.

Zu Fuß nach Paris

Stoff gibt es schließlich genug: Louis Vuitton, 1821 nahe der Schweizer Grenze als Sohn eines Müllers geboren, arbeitete sich von recht weit unten nach ganz oben hinauf. Mit 14, so die Firmenerzählung, marschierte er zu Fuß nach Paris, um eine Lehre beim renommierten Koffermacher Monsieur Maréchal zu absolvieren. 17 Jahre blieb er angestellt, arbeitete nebenbei als Kofferpacker bei der Kaiserin Eugenie, am Hof Napoleons III. 1854, damals war er 33, traf der Franzose die Entscheidung seines Lebens: Er eröffnete in der Hauptstadt unweit der Place Vendôme sein eigenes Koffer-Geschäft: Louis Vuitton Malletier. Vuitton war nicht nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort, er bewies auch ein Gespür für den sich ändernden Zeitgeist: Statt mit Kutschen wurde nun mit der Eisenbahn verreist, statt bauchiger Koffer brauchte es flaches, stapelbares Reisegepäck.

Das lieferte der Unternehmer, 1860 baute er eine Fabrik im Pariser Vorort Asnières-sur-Seine. Die wohl cleverste und langfristig folgenschwerste Marketingentscheidung aber traf Sohn Georges. 1896, vier Jahre nach dem Tod des Firmengründers, erfand er das ikonische Monogramm, das verschlungene "LV" wurde zum Ausweis reisender Wohlhabender, zum Statussymbol und zum Grundstein eines Unternehmens, dessen Mutterkonzern die Pandemie besser als erwartet überwunden hat: 7,6 Milliarden Euro Gewinn verzeichnete LVMH im ersten Halbjahr 2021. Kein Wunder, dass der Marke zum Feiern zumute ist. (Anne Feldkamp, 4.8.2021)