Die neugebaute Eichbrücke über die Eisenbahn im Stadtteil Gnigl wurde ohne Radweg konzipiert. Sie gilt als Symbol für die Salzburger Verkehrsmisere.

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Es war wohl mehr als nur ein Versehen, als Salzburgs Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (heute ÖVP, damals für die Neos Baustadträtin) vor einigen Jahren den Neubau einer Brücke über die Eisenbahn im Stadtteil Gnigl ohne Radwege – übrigens gegen den Rat der Fachbeamten – durchsetzte. Die Brücke ohne Radweg entspricht der ÖVP-Verkehrspolitik in Salzburg, nach welcher der Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr nicht mehr vorrangig sei. Es gibt Beispiele sonder Zahl, sie reichen von Budgetkürzungen bei der Radwegesanierung bis zum Nein für neue Radparkplätze im Stadtzentrum.

"Radwegekoordination kann entfallen"

Nun ist diese Linie auch in der städtischen Verwaltung angekommen. Im von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) vorgelegten aktuellen Amtsbericht zur Strukturreform im Magistrat Salzburg heißt es auf Seite 96 lapidar: "Die in der MA 6/00 wahrgenommene Aufgabe der Radwegkoordination im Sinne einer abteilungsübergreifenden Koordinierung und Überwachung der Planung und des Baus von Radwegen kann aus Sicht der Verwaltungsorganisation entfallen."

Auf gut Deutsch: Die Stelle des Radwegekoordinators, die übergeordnet zwischen Planungs- und Bauabteilung die besonderen Interessen des Radverkehrs wahrnimmt, wird gestrichen. Die Strukturreform soll schon im Herbst dieses Jahres beschlossen werden, damit würden die Radwege in das Planungsressort von Vizebürgermeisterin Unterkofler wandern. Ihr politisches Ziel lautet, wie in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten formuliert, "die Räder von der Straße wegzubekommen".

Ansprechperson für die Bevölkerung

Vor allem die grüne Bürgerliste ist empört. Baustadträtin Martina Berthold – in deren Ressort der Radwegekoordinator fällt – spricht von einem Symbol, "dass man Radfahren in der Stadt weniger wichtig nimmt". Eine moderne Verwaltung ohne übergreifendes Zusammenarbeiten der Fachabteilungen könne nicht mehr funktionieren, sagt sie. Zudem habe der Radkoordinator ja auch als Ansprechperson für die Bevölkerung sowie die Radcommunity, aber auch als wichtiger Kommunikator in Sachen Radfahren in der Öffentlichkeitsarbeit fungiert.

Die Chancen, den Radwegekoordinator zu erhalten, stehen allerdings schlecht. Harald Preuner hat Bertholds Argumente via Kleinformat bereits als "kompletten Schwachsinn" abgekanzelt. Berthold müsse zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht alle Agenden in ihrem Ressort behalten werde.

Machtgehabe und Agenda

Dass hinter dem Aus für den Radwegekoordinator mehr als nur parteipolitisches Machtgehabe steckt, nämlich auch eine politische Agenda, offenbart das 112 Seiten starke Strukturreformpapier aber auch an anderer Stelle: Sowohl die ressortübergreifende Koordinationsstelle "Smart City", die eine Art Klimaschutzbeauftragtenstelle sein könnte, als auch die Fachstelle für barrierefreies Bauen soll aufgelassen werden. (Thomas Neuhold, 5.8.2021)