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Weltweit waren in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast 300 Millionen Menschen von Überschwemmungen betroffen, berichten Forscher.

Foto: Reuters/ALY SONG

Die Zahl der Menschen, die in überschwemmungsgefährdeten Gebieten leben, wächst weltweit rasant. Das zeigt eine Studie im Fachblatt "Nature", die Satellitenaufnahmen mit Bevölkerungsdaten kombiniert. Seit der Jahrtausendwende sei deren Anteil an der Gesamtbevölkerung um fast ein Viertel gewachsen und werde sich bis 2030 noch weiter verstärken, so die Prognose der Forscher.

Überschwemmungen zählen zu den häufigsten und verheerendsten Naturkatastrophen. Erst kürzlich hatten Wissenschafterinnen und Wissenschafter im Fachjournal "Science Advances" vor einer weltweiten Zunahme an Extremwetterereignissen infolge des Klimawandels gewarnt, während eine jüngst im Journal "Geophysical Research Letters" veröffentlichte Studie prognostizierte, dass sich auch Europa künftig auf vermehrte Unwetterlagen im Sommer und Herbst einstellen müsse.

Umfangreiche Auswertung

Umso wichtiger wird eine möglichst genaue Erfassung von Hochwasserrisiken. Ein Team um die Geografin Beth Tellman von der Columbia University in New York nutzte nun hochpräzise Satellitenaufnahmen, um daraus die "Global Flood Database" zu entwickeln: eine Datenbank, die Charakteristika von 913 großen Hochwassern aufzeigt, die zwischen 2000 und 2018 auftraten.

Für jedes Ereignis schätzten die Forschenden die überschwemmte Fläche und die Anzahl der dort lebenden Menschen, indem sie georäumliche Datensätze der Bevölkerungsdichte für verschiedene Jahre verwendeten. Die Analyse der insgesamt 12.719 Bilder ergab, dass im Untersuchungszeitraum 255 bis 290 Millionen Menschen von 2,23 Millionen Quadratkilometern Überschwemmungen direkt betroffen waren.

Versiegelte Böden und Klimakrise verschärfen die Lage

Das Forscherteam stellte zudem fest, dass die Bevölkerung in hochwassergefährdeten Gebieten während des Untersuchungszeitraums um schätzungsweise 20 bis 24 Prozent bzw. 58 bis 86 Millionen Menschen zugenommen hatte. Im Gegensatz dazu sei die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum nur um 18,6 Prozent gewachsen. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass sich dieser Trend bis 2030 noch verstärken wird: Insbesondere für 57 Länder, unter anderem in Nordamerika, Zentralasien und Zentralafrika, prognostizieren sie einen erheblichen Anstieg des Anteils der Bevölkerung, der Überschwemmungen ausgesetzt sein wird. Als Gründe geben sie unter anderem die zunehmende Versiegelung der Böden und den Klimawandel an.

In einem Kommentar zur Studie in "Nature" lobt Brenden Jongman, Weltbank-Spezialist für Katastrophenrisikomanagement, die Vorgehensweise der Autoren. Diese hätten eine noch nie da gewesene Anzahl validierter Ereignisse kartiert, einschließlich verschiedener Hochwassertypen, die in früheren Analysen nicht berücksichtigt worden seien. Faktoren wie Dammbrüche, lokale Starkregen und Schneeschmelzen seien berücksichtigt worden. "Infolgedessen ist der von den Autoren prognostizierte Anstieg des Prozentsatzes der Menschen, die weltweit von Überschwemmungen betroffen sind, zehnmal höher als in früheren Schätzungen", schreibt Jongman.

Lösungsorientierung gefragt

Die aufgezeigten Trends würden zwar entmutigend wirken, aber auch gute Nachrichten enthalten: "Die Fähigkeit, mit Überschwemmungen umzugehen und auf sie zu reagieren, ist im Laufe der Zeit gestiegen." Jongman nennt viele Faktoren, die sowohl Überschwemmungen vorbeugen als auch deren Auswirkungen abfedern könnten. Dazu zählt er Investitionen in Hochwasserschutz, Entwässerungsinfrastruktur und Frühwarnsysteme zusammen mit verbesserten Baustandards, Programmen zur Unterstützung der von Überschwemmungen betroffenen Menschen und schließlich auch eine verstärkte Politik zur Durchsetzung einer risikoorientierten Flächennutzungsplanung. (red, APA, 5.8.2021)