Besonders lange dauern Genehmigungen für Linienvorhaben wie Straßen oder Stromleitungen, weil viele Verfahrensbeteiligte involviert sind.

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Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren sind so kompliziert, wie sie sich anhören. Genehmigungen für Betriebsanlagen dauern daher oft Jahre. ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner forderte nun im Interview mit der APA beschleunigte Verfahren. Nur wenn die Bewilligung von Windparks oder Wasserkraftwerken schnell erfolge, könne das Ziel, bis 2030 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen, erreicht werden. Gesetze und Fördermittel allein würden nicht reichen, wenn die Projekte "erst in zehn Jahren oder gar nicht realisiert werden können", sagt Brunner.

Aus Sicht des Staatssekretärs sei eine Novelle des UVP-Gesetzes daher dringend notwendig und sollte schon bis Herbst vorliegen. Konkret fordert Brunner eine verbindliche Maximaldauer der Verfahren von zwei Jahren. Der Beweis für den aktuellen "Stand der Technik" soll zum Zeitpunkt der Antragstellung "eingefroren" werden und nicht laufend nachgewiesen werden müssen. Stellungnahmen und Beweisanträge sollen zudem nur innerhalb gewisser Zeitspannen möglich sein, Interessen von Verfahrensparteien nur einmal gehört werden.

Kritik von Experten

Daniel Ennöckl, Professor für öffentliches Recht an der Boku Wien, wundert sich über die Vorschläge Brunners. "Schon jetzt ist im Gesetz eine maximale Verfahrensdauer von neun Monaten festgeschrieben", sagt der Experte für UVP-Verfahren im Gespräch mit dem STANDARD. Nur kann sie in der Praxis oftmals nicht eingehalten werden. Auch der Stand der Technik muss schon seit der letzten Gesetzesnovelle nicht mehr laufend nachgewiesen werden, sondern nur noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei der Behörde.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer sei laut Ennöckl nicht das Problem, sondern einzelne "Ausreißer". Dazu zählen etwa Linienvorhaben wie Autobahnen oder Stromleitungen, wo es sehr viele Betroffene und damit auch viele Verfahrensbeteiligte gibt. "Das klassische Wasserkraftwerk oder die Müllverbrennungsanlage sind in Sachen Verfahrensdauer kaum problematisch", sagt Ennöckl.

Mangel an Sachverständigen

Zu glauben, dass die Verfahren schneller werden, wenn man den Projektgegnern Verfahrensrechte wegnimmt, sei nicht zielführend. "Das Problem ist vielmehr, dass der Sachverständigenapparat bei den Landesregierungen zu Tode gespart wurde." Man dürfe sich daher nicht wundern, wenn komplexe Verfahren länger dauern. Großvorhaben werden zudem vonseiten der Projektleiter oft laufend modifiziert. "Dann müssen aber auch die Nachbarn die Möglichkeit haben, dazu neue Stellungnahmen abzugeben", sagt Ennöckl.

Kritik am Vorschlag Brunners übte auch die Umweltschutzorganisation WWF, die in die gleiche Kerbe schlug: "Anstatt schon wieder auf das Husch-pfusch-Prinzip zu setzen, muss die Politik endlich ihre Hausaufgaben machen. Denn die größten Verfahrensbremsen sind fehlerhafte Unterlagen der Projektbetreiber, schlecht ausgestattete Behörden und falsch ausgerichtete Materiengesetze", sagt WWF-Naturschutzleiter Christoph Walder.

Unterstützung für den Vorschlag Brunners kam dagegen von den Neos, aber nicht ohne Kritik: "Grundsätzlich unterstützen wir Schritte zur Beschleunigung von UVP-Verfahren – allerdings fehlen noch konkrete Vorschläge der Regierung. Die ÖVP soll endlich in die Gänge kommen und nicht nur g'scheit reden", sagt Neos-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard zu Brunners Forderungen. (Jakob Pflügl, 4.8.2021)