Die Skaterin Sakura Yosozumi, ....

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... das Degen-Quartett, ...

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...Turner Daiki Hashimoto ...

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... und die Judoka um Akira Sone sammelten Goldmedaillen.

Ohne ihr Demokratiefeindlichkeit unterstellen zu wollen: Sakura Yosozumi wird heilfroh sein, dass das japanische Volk seinen Willen nicht bekommen hat. Wäre das passiert, wären die Olympischen Spiele abgesagt worden. Wären die Spiele abgesagt worden, hätte der Park-Bewerb im Skateboard nicht seine Premiere unter den fünf Ringen feiern können. Und ohne diese Premiere hätte sich die 19-jährige Yosozumi keine Goldmedaille umhängen können.

Der Erfolg der Skaterin war schon der zwanzigste für Japan, damit hat der Gastgeber seinen alten Rekord pulverisiert. In Tokio 1964 und Athen 2004 waren es 16 Goldene gewesen. Und die Party ist ja längst nicht vorbei.

Der sportliche Erfolg lenkt nun auch die Bevölkerung von der Unerwünschtheit des Spektakels ab. Ähnelten die Beliebtheitswerte von Olympia lange Zeit denen von Gesäßfurunkeln, redet man auch Japan nun eher über Medaillen als olympische Cluster. Das liegt auch daran, dass sich die Infektionen im olympischen Kontext bisher stark in Grenzen halten, die 29 Fälle von gestern waren bisher der höchste Wert. Besonders schlimm erwischte es die griechischen Synchronschwimmerinnen, bei denen vier Athletinnen und ein Betreuer positiv waren.

Das verblasst aber neben der Zahl 14.207 – in der ganzen Pandemie Japans Höchstwert an täglichen Neuinfektionen. Da die Krankenhäuser an ihre Grenzen kommen, sollen sich Patienten mit leichteren Symptomen nun zuhause isolieren – medizinische Experten kritisieren diese Richtlinie als lebensgefährlich.

Gut möglich, dass die aufgrund von Olympia nachlassende Disziplin der Bevölkerung bei dem Anstieg eine Rolle spielt – aber eine direkte Verbindung lässt sich aufgrund des funktionierenden Testnetzes im olympischen Dorf eben nicht feststellen.

Umschwung

Also darf man eben doch über Gold, Silber, Bronze jubeln. Laut der Zeitung Nikkei überholten positive Kommentare in sozialen Medien schon am Tag nach der Eröffnungszeremonie die negativen, laut den Twitter-Analysen lokaler Medien setzte sich dieser Trend fort. "Die Menschen haben sich einfach damit abgefunden, dass das die Realität ist", sagte der Universitätsprofessor Kazuto Suzuki der Japan Times. "Sie denken jetzt, dass sie einfach versuchen sollten, es zu genießen." Sonderlich auffällig ist Olympia in der Tokioter Innenstadt ohnehin nicht. Atmet in normalen Zeiten die ganze Ausrichterstadt die fünf Ringe, erinnern nun nur Merchandise-Shops an das größte Sportspektakel der Welt.

Für Organisatoren und Fans war es auch deshalb eine dankbare Sache, dass die Judo-Bewerbe die Spiele quasi eröffneten. Der Extraleichtgewichtler Naohisa Takato besorgte flott die erste Goldene, auch an jedem darauffolgenden Tag gab es für Japans olympisches Komitee (JOC) frische Triumphe zu vermelden. In neun der 15 Bewerben räumten japanische Judoka ab, dazu gab es noch zwei Silberne und eine Bronzemedaille. Das war sogar für die Judo-Nation eine historisch einmalige Ausbeute.

Auch abseits des Tatami gab es Prestigeträchtiges. Daiki Hashimoto lieferte im Turn-Mehrkampf sowie in der Königsdisziplin Reck ab. Besonders umjubelt war der Sieg im Tischtennis-Mixed-Doppel: Mizutani Jun und Ito Mima krönten sich zu den ersten nicht-chinesischen Olympiasiegern an der Platte seit 2004. Auch der Erfolg der Degen-Fechter war durchaus sensationell.

Gerade in den neuen, vom Organisationskomitee natürlich nicht zufällig vorgeschlagenen Sportarten kassiert Japan ab. Die drei bisherigen Skateboard-Goldenen blieben allesamt im Land, im heute stattfindenden Park-Bewerb der Männer wäre eine Nummer vier allerdings eine waschechte Sensation. Das Softball-Team um die 39-jährige Pitcherinnen-Legende Yukiko Ueno hat ihr Turnier schon gewonnen, die Baseballer stehen im Finale am Samstag. Sogar im Surfen gab es zweimal Edelmetall.

Im heute beginnenden Karate dominiert Japan bei Weltmeisterschaften stets den Medaillenspiegel. Tomoa Narasaki geht ab 10.30 Uhr als Topfavorit ins Kletter-Finale der Herren; lässt Janja Garnbret bei den Frauen wider Erwarten aus, stünden Akiyo Noguchi und Miho Nonaka bereit.

Leere

Das ursprüngliche, äußerst selbstbewusste JOC-Ziel von 30 Goldmedaillen ist bei gutem Verlauf denkbar – obwohl das Komitee seine Forderung eine Woche vor der Eröffnung zurückzog. Es gab und gäbe für die Sportfans im Land der aufgehenden Sonne einiges zu bejubeln. Da schmerzt es doppelt, dass in den Sportstätten keine Fans erlaubt sind – aber das führt uns wieder zurück zu den Infektionszahlen. (Martin Schauhuber, 5.8.2021)