Wenn im September die Mitglieder der Duma gewählt werden, werden erstmals seit 1993 keine OSZE-Beobachter im Einsatz sein.

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Warschau – Bei der russischen Parlamentswahl im September wird es keine internationalen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben. Wegen "Beschränkungen" durch Russland sei man nicht in der Lage, Beobachter zur Duma-Wahl zu schicken, teilten das OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und die Parlamentarische Versammlung der OSZE am Mittwoch mit.

"Wir bedauern es sehr, dass die Beobachtung der kommenden Wahlen in Russland nicht möglich sein wird", sagte ODIHR-Direktor Matteo Mecacci laut einer Aussendung. Der Schritt sei aber "unausweichlich" gewesen, weil Russland die Zahl der Beobachter auf lediglich 60 begrenzen wollte. Für internationale Beobachtungen sei es "wesentlich", selbst darüber zu bestimmen, wie viele Beobachter für eine "effektive und glaubwürdige Beobachtung" erforderlich sind.

Der russische Abgeordnete Leonid Slutsky wurde von der Agentur Ria mit den Worten zitiert, der Schritt der OSZE sei politisch motiviert, was die Regierung in Moskau bedauere.

Urnengang am 19. September

Die russischen Behörden hatten die beiden Institutionen zur Beobachtung eingeladen, dann aber eine mit dem Kampf gegen die Pandemie begründete Beschränkung verfügt. Dies widerspreche der Einschätzung des Menschenrechtsbüros, wonach es derzeit keinerlei auf die Pandemie bezogenen Beschränkungen für Einreise oder Bewegungsfreiheit innerhalb Russlands gebe.

Außerdem wären die Mitglieder der Mission bereit gewesen, alle nationalen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zu akzeptieren. Seit Beginn der Corona-Krise vor eineinhalb Jahren habe man bereits in mehreren Ländern Beobachtungsmissionen durchführen können.

Die Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Margareta Cederfelt, zeigte sich "sehr enttäuscht" vom Vorgehen Russlands. Somit werde es zum ersten Mal seit dem Jahr 1993 nicht möglich sein, russische Wahlen zu beobachten. ODIHR hatte rund 500 Beobachter zur russischen Parlamentswahl schicken wollen, darunter 80 Langzeitbeobachter, die schon im Mai und Juni in das Land hätten reisen sollen. Der Rest hätte die eigentliche Durchführung des Urnenganges am 19. September beobachten sollen.

Verbot von Nawalny-Organisation bestätigt

Nicht bei der kommenden Parlamentswahl antreten dürfen Unterstützer des inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny. Die russische Justiz hat am Mittwoch das Verbot mehrerer Organisationen des Kreml-Gegners bestätigt. Das Team Nawalnys scheiterte nach eigenen Angaben am Mittwoch mit einer Beschwerde gegen das Urteil von Mitte Juni. Ein Moskauer Gericht hatte unter anderem die Anti-Korruptions-Stiftung FBK und die Regionalstäbe des 45-Jährigen als extremistisch eingestuft und verboten.

Nawalnys Unterstützer hatten das Verfahren als politisch motiviert kritisiert. Der Anwalt Iwan Pawlow kündigte der Agentur Interfax zufolge Berufung gegen die Entscheidung an. Wenn alle Instanzen in Russland durchlaufen sind, kann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angerufen werden.

Die Nawalny-Vertraute Ljubow Sobol wurde zu eineinhalb Jahren Freiheitsbeschränkung verurteilt. Sie arbeitet für die Anti-Korruptions-Stiftung FBK.
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FBK-Direktor Iwan Schdanow schrieb bei Instagram mit Blick auf Staatschef Wladimir Putin: "Ein bestimmter verrückter Großvater ist davon überzeugt, dass die Existenz unserer Organisation eine Gefahr für seine gesamte Macht darstellt." Man werde weiterarbeiten: "Wir werden den Kampf gegen Putin fortsetzen. Und wir werden noch effizienter und böser sein." Der Fonds hat immer wieder Korruptionsfälle in der russischen Machtelite aufgedeckt. Nawalny ist seit mehreren Monaten in einem Straflager inhaftiert.

Am Dienstag war die prominente Nawalny-Vertraute Ljubow Sobol zu eineinhalb Jahren Freiheitsbeschränkung verurteilt worden. Die 33-Jährige dürfe zwischen 22 und 6 Uhr nicht aus dem Haus gehen und Moskau nicht verlassen, teilte ihr Anwalt mit. (APA, dpa, Reuters, 4.8.2021)