Eine sorgfältige Analyse der Entstehung von Antisemitismus ist wichtig, die Bekämpfung derer, die ihn verbreiten, aber auch.

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Die Zahl polizeilich gemeldeter antisemitischer Übergriffe hat in Deutschland im Vorjahr um 15 Prozent zugenommen. Die Regierung, die auch Verschwörungsmythen und Hetze aus der "Querdenker"-Bewegung als Grund für den Anstieg sieht, hat reagiert: Die für Bildung und Forschung zuständige Bundesministerin Anja Karliczek (CDU) hat ein ambitioniertes, 35 Millionen schweres Paket zur Bekämpfung von Antisemitismus sowie für das Sichtbarmachen jüdischen Lebens, das trotz der Angriffe etwa in Städten wie Berlin wunderbar aufblüht, präsentiert.

Forschung

Renommierte Unis, Institutionen und jüdische Vereine sollen dabei nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern Ursachen der Entstehung und der gemeinsamen Geschichte von Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus analysieren. Dabei wird natürlich auch der israelbezogene Antisemitismus, der einen großen Teil ausmacht, nicht vergessen. Und auch die Medienkompetenz Jugendlicher will man in Schulen vermehrt trainieren. Letzteres sollte sich auch Österreich dringend zum Vorbild nehmen.

Wenn man sich aber schon vornimmt, Rechtsextremismus und Judenhass nicht nur an der Oberfläche zu bekämpfen, werden die ebenfalls angekündigten Schulungen für die Justiz nicht reichen. Dass die Ermittlungen zu einem seit 2017 bekannten rechtsextremen Netzwerk, das bis in die Bundeswehr und die Polizei reicht, bis heute nicht alle daran Beteiligten ausmachen konnten, ist alarmierend. Eine Initiative gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus muss noch breiter aufgestellt sein, wenn man die drohende Gefahr abwenden will. Prävention allein ist nicht mehr genug. Die Bedrohung ist schon längst tief in staatliche Strukturen eingedrungen. (Colette M. Schmidt, 4.8.2021)