Sollten Gratistests für die Allgemeinheit der Vergangenheit angehören? Im Bild die Teststraße im Austria Center in Wien. Die Bundeshauptstadt ist gegen ein Ende der kostenlosen Tests.

Foto: IAKW-AG/Ludwig Schedl

Wien – Die Niederösterreichische Ärztekammer hat vorgeprescht, am Donnerstag legte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer nach: Auch er sei dafür, dass jeder, der sich nicht impfen lassen wolle und Veranstaltungen oder Restaurants besuchen möchte, für das Testen selbst zahlen müsse, sagte Thomas Szekeres am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal". Voraussetzung sei, dass alle die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen. Er sehe nicht ein, warum die Allgemeinheit für "die doch sehr kostspieligen Tests zahlen muss, wenn sich Menschen weigern, eine Gratis-Impfung anzunehmen".

Zuvor hatte schon der Präsident der NÖ-Ärztekammer, Christoph Reisner, von der Politik gefordert, in der Sache aktiv zu werden. Auch der Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) und Co-Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner (ÖVP), rief dazu auf, sich zu überlegen, "ob uns das kostenlose Testen nicht einen Bärendienst erweist".

Kaum ein anderes Land testet so viel auf Corona wie Österreich. Im ganzen Land gibt es zahlreiche Angebote und das kostenlos. Dabei betragen die Kosten für einen PCR-Test – je nach Institut – rund 60 Euro aufwärts. Die Praxis könnte sich im Herbst ändern, immer mehr Akteure denken über ein Ende des Gratis-Testangebots nach – nicht zuletzt als Druckmittel für die Impfung.

Faßmann diskutiert mit

Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hält "die Diskussion über kostenpflichtige Tests für berechtigt", wie er der "Kleinen Zeitung" sagte. "Die Frage ist legitim, inwieweit die Allgemeinheit die Tests derer bezahlen muss, die sich eine Impfung ersparen möchten", sagt Faßmann. Auf die weitere Frage, ob dann auch ungeimpfte Lehrer zahlen müssten, erklärte der Bildungsminister: "Für ungeimpfte Lehrer wären dann kostenpflichtige PCR-Tests einmal pro Woche denkbar." Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat vor zwei Wochen im STANDARD-Interview vage angedeutet, die aktuelle Praxis zu überdenken: "Man muss die Frage stellen, wie viele Tests brauchen wir für wen im September."

ÖVP-Länder machen Druck

Vor allem die ÖVP-regierten Bundesländer machen Druck in diese Richtung. Angestoßen wurde die Debatte von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Unterstützung für ihn kam am Mittwoch aus Tirol, Vorarlberg und der Steiermark. "Auf Dauer wird es sich nämlich nicht ausgehen, dass immer alles gratis ist", erklärte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) der Austria Presse Agentur. "Wenn die Situation halbwegs berechenbar ist, sollte man zu gegebenem Zeitpunkt von den Gratistests wegkommen", sagte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). "Sollte Testen im größeren Umfang als effektive Maßnahme in der Pandemiebekämpfung notwendig sein, wird man das im Herbst sicherlich berücksichtigen müssen", stellte Wallner aber auch fest.

Auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der sich schon mehrmals etwa zur Impfpflicht gemeldet hat, kann sich "grundsätzlich ein kostenpflichtiges Testangebot ab November mit einem Selbstbehalt zumindest in der Höhe der Rezeptgebühr" als sinnvoll vorstellen. Es müsse aber Ausnahmen für sozial Schwache geben sowie für jene, die sich nicht impfen lassen können. In Niederösterreich und Salzburg reagierte man etwas zurückhaltender und spielte den Ball an die Bundesregierung.

Rote Länder und FPÖ dagegen

Die roten Länder Wien, Kärnten und Burgenland lehnten den Vorstoß ihrer ÖVP-Kollegen ab. Die PCR-Tests seien ein wichtiger Teil des städtischen Screening-Programms und gäben wichtige Aufschlüsse zur Entwicklung der Pandemie, hieß es etwa vom Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die FPÖ reagierte auf die Überlegungen zu einem Aus für Gratistests empört, die Neos begrüßten den Vorstoß. (APA, spri, 5.8.2021)