Alexander Lukaschenko will mit der Grenzschließung verhindern, dass die EU aufgegriffene Migranten nach Belarus zurückschickt.

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Minsk/Vilnius – Das autoritär regierte Belarus (Weißrussland) will Teile seiner Grenze schließen und so verhindern, dass nach Litauen geflüchtete Migranten zurück auf sein Territorium gelangen können. "Ab heute darf niemand die Grenze von keiner Seite überqueren, weder vom Süden noch vom Westen", sagte Machthaber Alexander Lukaschenko am Donnerstag in der Hauptstadt Minsk laut der Staatsagentur Belta.

Der Europäische Auswärtige Dienst lud wegen des Flüchtlingskonflikts den belarussischen Geschäftsträger in Brüssel vor. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, habe man sich dabei gegen die "Instrumentalisierung" von Flüchtlingen durch Minsk gewandt.

Weitere Flüchtlinge erwartet

Die EU wirft Belarus vor, dass es gezielt Geflüchtete über seine Grenze in Richtung Europäische Union schickt beziehungsweise passieren lässt. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte bei RTL/NTV: "Nach unseren Berechnungen ist es möglich, dass im August und September weitere 18.000 Menschen aus dem Irak und einigen anderen Ländern kommen werden." Lukaschenko verfüge über ein weltweites Netzwerk. Der Machthaber sei im Begriff, "Visa-Anforderungen für mehr als 70 Länder zu erleichtern", sagte der Minister.

Lukaschenko hat in der Vergangenheit offen damit gedroht, als Reaktion auf die gegen sein Land verhängten EU-Sanktionen Menschen aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan oder Syrien über die Grenze zu lassen. Laut Berichten sind die belarussischen Behörden den Migranten auf dem Weg an die Grenze auch, etwa durch Transportleistungen, behilflich. In den vergangenen Wochen schickte etwa die EU-Grenzschutzbehörde Frontex zusätzliches Personal nach Litauen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Auch Österreich unterstützt Litauen mit 13 Cobra-Beamten im Grenzschutz.

Tausende illegale Grenzübertritte

In dem baltischen EU-Land haben in den vergangenen Wochen mehrere hundert Migranten illegal die Grenze aus dem Nachbarland Belarus überschritten. Nach offiziellen Angaben wurden in diesem Jahr bereits rund 3.500 Menschen an der fast 680 Kilometer langen Grenze zu Belarus aufgegriffen. Die meisten davon beantragten Asyl. Litauen ist einer der größten Fürsprecher der Demokratiebewegung im Nachbarland und seit längerem ein Zufluchtsort der belarussischen Opposition.

Lukaschenko will nun offensichtlich verhindern, dass die EU die aufgegriffenen Migranten zurück nach Belarus schickt. Er sagte, eine "Bedrohung" für sein Land wäre es, wenn Migranten an den Übergangsstellen gesammelt und dann "unter Androhung von Waffengewalt ins Staatsgebiet von Belarus abgeschoben" würden. Die EU hatte nie entsprechende Absichten geäußert. (APA, 5.8.2021)