Dirigent Emilio Pomàrico sorgte für weit ausladende Bögen.

Francois Volpe

Salzburg – Nebel, silbergrau mit gelegentlich aufkommenden pastellfarbigen Akzenten: Das Klangforum Wien unter der Leitung von Emilio Pomàrico spielte am Mittwoch bei den Salzburger Festspielen Morton Feldmans For Samuel Beckett für 23 Instrumente von 1987. Es war eine Wiedergabe aus einem Guss – wenn auch dieses Wort fast zu dynamisch ist für die gnadenlos in sich ruhenden Klangereignisse.

Der Vergleich mit Farbe und Malerei ist im Falle von Feldman okay, sprach doch der Komponist selber von einer "Zeit-Leinwand", die er mit "Musikfarbe bemalt". For Samuel Beckett ist mit gut einer Stunde Spieldauer eines der langen Werke der Spätzeit im Schaffen des Komponisten.

Tiefes Atmen

Grundlage ist ein Akkord, ein Cluster, der auseinanderfließt, sich kaum merklich verändert. In der Lesart des Klangforums war es ein tiefes Atmen, aber keines der Entspannung, eher eines der letzten Atemzüge. Die Beckett-Assoziation verheißt ja auch nicht innere Ruhe, sondern Erstarrung und Ausweglosigkeit.

Dass angesichts dieses konzeptuellen und klingenden Nihilismus dennoch Momente von Ruhe und Frieden spürbar wurden, verdankt sich der elegant schwebenden Wiedergabe des Klangforum Wien. Emilio Pomàrico entwickelte aus der kaum vorhandenen Bewegung in den Linien der 23 Soloinstrumente weit ausladende Bögen. "Lebendiger" und differenzierter lässt sich diese stagnierende Musik nicht gestalten.

Röhrenglocken

Eröffnet hat das Klangforum diesen ersten Abend in der Festspiel-Reihe Still Life – Zeit mit Feldmann in der Kollegienkirche mit Between Categories für zwei Röhrenglocken, zwei Klaviere, zwei Violinen und zwei Violoncelli. Auch dieses frühe Stück von nur einer Viertelstunde Spieldauer von 1969 bemalte bereits eine Zeit-Leinwand mit Klang zwischen Piano und Pianissimo.

Zwischen Freiheit und Präzision changierten die musikalischen Vorgaben. Frei schwebende Linien einzelner Instrumente haben sich durchaus auch zur gleichen Zeit in gemeinsamen Akkorden zu treffen. Ein aufsteigendes Fünftonmotiv tauchte gegen Endes des Stücks im Klavierpart auf, geisterte glitzernd durch die Instrumente. Betörend. Präzis. Ein stiller, reicher Abend. (Klabacher, 6.8.2021)