Margot Robbie, Daniela Melchior, Idris Elba und David Dastmalchian (von links) in Aktion: als schräger, aber gutherziger Trupp zur Rettung der USA.

Warner Bros. Pictures

The Suicide Squad hat zwei bemerkenswerte Hintergrundgeschichten. Der nun anlaufende Neuling aus dem DC-Universum ist nicht nur der Versuch, den Flop Suicide Squad von 2016 zu reanimieren, sondern auch ein Comeback für Regisseur James Gunn. 2018 bekam die Karriere Gunns einen Knick, nachdem zehn Jahre alte Tweets von ihm geleakt wurden. Darin machte sich der damals noch unbekannte Regisseur, der später mit den Marvel-Blockbustern Guardians of the Galaxy enorm erfolgreich wurde, über Tabuthemen wie Aids, Pädophilie und Vergewaltigungen lustig. Ein absolutes No-Go für ein kinderfreundliches Studio wie Disney, zu dem Marvel gehört, weshalb dieses die Zusammenarbeit mit Gunn beendete.

Warner Bros. Pictures

Und ja, die Tweets Gunns triefen geradezu von der provokativen, chauvinistischen Internetkultur, die vor rund zwanzig Jahren entstand und sich vor allem auf antifeministische Themen einschoss. Bemerkenswert ist jedoch, dass derjenige, der Gunn an den Pranger stellte, der Posterboy dieser Internetsubkultur schlechthin ist: der neurechte Troll Mike Chernovich. Die Strategie der rechten Trolls ist gewieft. Sie wollen die teilweise hypersensible Linke mit den eigenen Waffen schlagen, indem sie Dreck über demokratische Persönlichkeiten aufstöbern, um dann genüsslich mit anzusehen, wie diese von den eigenen Leuten "gecancelt" werden.

Psychopathin mit Herz

Doch Gunn reagierte klug. Er verwies auf die Agenda der Neurechten und zeigte sich reuig: Ein junger, dummer Provokateur sei er gewesen, er habe sich aber verändert, lautete seine Entschuldigung. Dazu kam die Unterstützung seiner Filmteams. Ein Esel zwar, aber eben auch ein Goldesel, dessen Filme Millionen an den Kinokassen einspielten, dachten sich auch DC und in der Folge Disney und gaben Gunn, der mittlerweile schneeweißes Haar hat, eine zweite Chance.

Der Regisseur ist also zurück mit The Suicide Squad. Einer Mischung aus Spin-off und Neuauflage des Flops von vor fünf Jahren, der jedoch eine fantastische Figur ins Leben rief: Harley Quinn, gespielt von Margot Robbie. Sie ist die Ex von Joker und eine Mischung aus Rrriot Grrrl und durchgeknallter Psychopathin mit goldenem Herz, was ihr letztes Jahr eine fetzige Origin Story beschert hat: Birds of Prey – The Emancipation of Harley Quinn. Auch im neuen The Suicide Squad ist sie der Star: In rotem Tüll und mit Lanze beschert sie uns die schönsten Martial-Art-Kampfszenen des Films, umflattert von Instagram-Schmetterlingen wie eine Disney-Prinzessin.

Galaktischer Seestern

Harley ist nur ein Teil des Selbstmordkommandos, das aus den schrägsten Verbrechern der Vereinigten Staaten besteht und von der knallharten Amanda Waller (Viola Davis) beaufsichtigt wird. Im Zentrum der Mission befindet sich diesmal der monströse galaktische Seestern Starro, der sich auf dem lateinamerikanischen Inselstaat Corto Maltese befindet. Die Amerikaner haben ihn einst von einer Weltraumexpedition mitgebracht, um ihn auf dem Satellitenstaat zum Killermonster auszubilden. Doch nun hat dort das Militär geputscht, und eine feindliche Regierung ist im Besitz dieser Superwaffe. Deshalb soll nun die Regierung oder der blaue Seestern weg.

So weit, so absurd – doch es geht noch absurder. Unter den Killern ist ein weitäugiges Wiesel, ein Hai, der in Kleinkindsprache brabbelt, und ein mit Mutterkomplex geschlagener Außenseiter, der bunte Kreise auskotzt. Angeführt wird das Team aber von Bloodsport (Idris Elba), der einen wunderbaren Daddycrush abgibt – nicht nur fürs Publikum, sondern auch für Ratchatcher II, die eine kleine Ratte namens Sebastian mit sich herumträgt. Und schließlich gibt’s da noch Peacemaker (John Cena), den Patrioten im Kinderkostüm, dessen Credo lautet: Ich bringe Frieden, egal, wie viele Menschen dafür sterben müssen.

Plädoyer gegen Militärjuntas

US-Patriotismus wird hier so richtig durch den Dreck gezogen. Gunn geht’s nämlich auch darum, das aufzudecken, was von den USA gerne auf diversen tropischen Inseln verbrochen wird. Die USA agieren hier vollkommen amoralisch, weshalb sich der gutherzige Haufen Freaks gegen die eigene Regierung stellt. Am Ende ist das ein Plädoyer gegen die invasive außenpolitische Einmischung der USA, gegen Militärjuntas und für Menschen und Whistleblower, die aus demokratischer Verantwortung handeln. Gunns The Suicide Squad ist damit nicht nur ein ziemlich abgefahrenes Kinoerlebnis, sondern auch eine schallende Ohrfeige für alle rechten Trolls da draußen. (Valerie Dirk, 5.8.2021)