ORF wie wir: Vor diesem auch nicht mehr ganz neuen Claim präsentierten die Generalsbewerber am Donnerstag der Belegschaft ihre Pläne für den ORF.

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"Sie wissen, wer ich bin", stellt sich Alexander Wrabetz am Donnerstag der ORF-Belegschaft als fünfter und letzter Generalsbewerber im Hearing des Betriebsrats vor. Der seit 2007 amtierende ORF-Chef erklärt, warum er das bleiben sollte. Im Gegensatz zu den Mitbewerbern habe er die nötige Erfahrung.

Änderungen des ORF-Gesetzes seien notwendig, um die Streamingplattform ORF-Player umzusetzen, über die der ORF seit vielen Jahren nachdenkt. Ebenso für die Social-Media-Strategie des ORF, den Wrabetz in seiner Bewerbung für den Generalsjob ab 2017 zum "Social-Media-Haus" machen wollte. Er habe die Erfahrung, um die nun nach der Generalswahl am 10. August aufzunehmenden, heiklen Verhandlungen mit den privaten Medienhäusern zu führen.

Im Herbst steht ein Gebührenantrag an, "ein Prozess, den jemand man steuern muss, der ein Mandat hat, das er auch in Zukunft ausübt". Wrabetz ist bis Jahresende als ORF-Chef bestellt und zuständig für den Gebührenantrag, der laut Gesetz spätestens alle fünf Jahre zu stellen, aber jederzeit davor möglich ist.

Er könne den Kurs halten von Reichweiten, hoch wie lange nicht, und wirtschaftlichem Erfolg.

ORF-Strategie 2025

Seine Mitbewerber indes – ORF-1-Chefin Lisa Totzauer und der als ÖVP-Favorit gehandelte Vizefinanzdirektor Roland Weißmann – hätten in den Hearings zuvor einerseits den Lagebefund, andererseits die nötigen Maßnahmen aus der ORF-Strategie 2025 "referiert", die Wrabetz 2020 erstellt habe. Die Strategie, sagte er im Dezember selbst sinngemäß bei der Präsentation, gebe die grundlegende Richtung für Bewerbungen vor – weil ja vom Stiftungsrat einstimmig beschlossen.

Wrabetz hat das Strategiekonzept komplett in seine Bewerbung eingebaut. Mitbewerber Weißmann wirft er vor, er habe für seine Bewerbung daraus kopiert, aber die Quelle nicht genannt. Nach STANDARD-Infos nahm Weißmann an Sitzungen der Strategie-Arbeitsgruppe regelmäßig teil.

DER STANDARD verglich Strategie und Weissmanns Bewerbungskonzept am Donnerstag vorerst oberflächlich, aber Absatz für Absatz mit Volltextsuche. Das Ergebnis des manuellen Vergleichs: Wortident sind die Überschriften (aber nicht die Ausführungen dazu) zu den "Content-Zielen", also etwa "relevan teste Informationsquelle", "vielfältigste Kulturplattform", "wichtigste Sportplattform", "bedeutendster Produzent österreichischer Unterhaltung" und "regionaler News-Leader". Wortgleich sind auch 2021 nicht überraschende Ziele wie "Ausbau der Social-Media-Angebote", "Bildung von Plattformen für Debatte im und mit dem Publikum" oder "Vielfalt der Gesellschaft".

Konfliktstoff Information

Einig sind Wrabetz und Weißmann, dass die Information keine eigene Direktion werden soll, wie das Totzauer plant, sondern in Letztverantwortung beim ORF-General bleibt. "Information ist das Heikelste, das ist ganz klar Chefsache", erklärt Weißmann im Hearing: Unabhängigkeit, Objektivität und Binnenpluralismus seien "Grundpfeiler". Der Newsroom bekomme eine "weisungsfreie Chefredaktion", der Generaldirektor habe "maximal eine Schutzfunktion". Weißmann will den Newsroom in alten Strukturen besiedeln, Wrabetz noch selbst Chefredakteure und Ressortleiter bestellen: "Wurscht, wie die Wahl ausgeht, das ist umzusetzen."

Die unabhängige Betriebs- und Stiftungsrätin Christiana Jankovics will von Weißmann wissen, was er von einem Mitbestimmungsrecht der Redakteurinnen und Redakteure hält, "ob sie mit Führungskräften einverstanden sind". Weißmann erklärt vorsichtig, er finde das interessant und "würde sich in die Diskussion begeben".

Wrabetz hat vor der Generalswahl 2016 angekündigt, Redakteure sollten ihre Chefs nach einem Jahr abwählen können. Er verwies damals auf politischen Zugriff auf den Rundfunk in Polen und Ungarn: "Daher ist es wichtig, Redakteursrechte ordentlich abzusichern." (Harald Fidler, 5.8.2021)