Drei Generalsbewerber und ihr stehender Moderator:_Alexander Wrabetz, Sebastian Loudon, Lisa Totzauer und Roland Weißmann beim Neos Lab.

Foto: Heribert CORN

Alexander Wrabetz wird der Versuchung nicht widerstehen können, wenn ihn der ORF-Stiftungsrat kommenden Dienstag nicht für eine vierte Amtszeit ab 2022 an die Spitze des größten Medienunternehmens im Land bestellt. Der Versuchung, das Ende seiner Zeit als General als politische Intrige darzustellen.

Warum sollte er "die Wahrheit verschleiern", fragt Wrabetz Donnerstagabend bei der ersten Konfrontation der ORF-Kandidaten Moderator Sebastian Loudon. Der sprach die "Versuchung" an, und ob Wrabetz ihr widerstehen könne. Wrabetz: "Wegen Erfolgs abgewählt zu werden ist ja nicht wirklich eine gute Begründung."

Das Neos Lab lud eine Bewerberin und fünf Bewerber aus insgesamt 14 zur Debatte ein, warum sie Generaldirektor von Österreichs größtem und öffentlich-rechtlichem Medienkonzern werden sollen: ORF-1-Managerin Lisa Totzauer, den amtierenden ORF-General Wrabetz, Harald Thoma, privater Medienmanager von außen, Technikvizedirektor Thomas Prantner, ORF-Journalist Julius Kratky und den als Favoriten der bürgerlichen Mehrheit im Stiftungsrat gehandelten Roland Weißmann, derzeit Vizedirektor für Finanzen, Chefproducer Fernsehen und Projektmanager für den ORF-Player.

Bekannt aus U-Ausschuss

Moderator Loudon hat keinen Zeitungsartikel gefunden, der Weißmann nicht als Favoriten der Türkisen einordnet. Wie kommt das? "Es ist die Zeit der Zuspitzung", sagt der Favorit, und: "Ich weiß es nicht."

Aber wenn Sie es nicht wissen, warum wehren Sie sich nicht mit Händen und Füßen dagegen, das belaste seinen Stand doch? Weißmann bleibt bei seiner bekannten Formulierung: "Ich möchte von möglichst vielen Stiftungsrätinnen und Stiftungsräten gewählt werden."

Einmal versucht es Loudon noch: "Aber so weit ist es nicht, dass Sie den türkisen Stiftungsräten sagen: Habt mich nicht so gern!" Ja, sagt Weißmann, und meint: So weit ist es wirklich nicht. Er will ja ORF-General werden, und die türkise Mehrheit im Stiftungsrat kann das ermöglichen.

"Doppelte Verneinung, das kennen wir aus einem Untersuchungsausschuss", wirft die gut gelaunte, angriffslustige Mitbewerberin Totzauer ein, ebenfalls den Bürgerlichen zugeordnet, aber offenbar nicht deren Favoritin.

Totzauer sorgt noch für die unterhaltsameren Zwischenrufe des Abends, etwa: "Ladies first, das würde mich am Dienstag freuen." Am Dienstag bestellen die 35 überwiegend türkisen Stiftungsräte den nächsten ORF-Chef ab 2022. Oder, als die Herren großteils um die offenbar überraschende Frage herumeiern, wie der ORF unter ihrer Führung mit dem Klimawandel umgehen wird, und der Moderator nur sie nicht fragt: "Ich habe eine Biotonne, ich bin außen vor."

Sport-Streaming gestoppt

Totzauer betont etwa, sie würde auch Leugner des Klimawandels zu Debatten einladen, das müsse der ORF argumentativ aushalten.

Auch für die langjährige ORF-Journalistin und ORF-1-Managerin hat Loudon eine schöne Schlussfrage: Sie bezeichnet sich als "Produkt des ORF", kann sie da die fundamentalen Veränderungen managen, vor denen der ORF steht? Natürlich, sagt sie, sie kennt den ORF ja "wie meine Westentasche".

Eine Neuigkeit brachte die zweite von fünf Präsentationen, Hearings und Debatten der Kandidaten bis zum 10. August: Die Medienbehörde hat ein wesentliches Modul der Streamingplattform "ORF-Player" gestoppt, das diesen Sommer starten sollte mit Fußballeuropameisterschaft und Olympischen Spielen. Die KommAustria habe den "Sport Screen" des Players abgelehnt, berichtete Projektleiter Weißmann. Nun starte der Player im September mit dem Info-Kanal "Newsroom". Im Rahmen der Beschränkungen des ORF-Gesetzes, betonte er. Dass die fallen sollen, tunlichst abgestimmt mit den übrigen Medienmarktteilnehmern, darüber waren sich dann doch alle ziemlich einig. (Harald Fidler, 5.8.2021)