Wer sich in der Lugner City impfen lässt, bekommt nicht nur Schutz vor Covid, sondern auch ein T-Shirt.

Foto: Regine Hendrich

Sie sei ganz spontan hergekommen, sagt die junge Frau, die gerade im Wiener Einkaufszentrum Lugner City steht und ein Formular ausfüllt. Rundherum dudelt Musik aus den Geschäften, im Untergeschoß hört man einen Zierbrunnen plätschern. Sie sei aber nicht hier, weil sie sich unbedingt impfen lassen wollte, sondern "weil mir das Testen auf die Nerven geht", sagt sie, bevor sie in einen kleinen, hellen Raum mit der Aufschrift "Impfzentrum" geholt wird.

Die Impfmöglichkeit in der Lugner City ist nur eine von zahlreichen Maßnahmen, die Gemeinde, Länder und der Bund nun treffen, um die Impfbereitschaft zu steigern. In Wien etwa tourt derzeit ein Impfbus durch die Stadt, am Wochenende wirft das Impfboot in der Strombucht seinen Motor an. Direkt auf dem Boot wird zwar nicht geimpft, Aufmerksamkeit erregte die Aktion trotzdem. Rund 120 Menschen haben sie bisher genutzt. Weit mehr hätten es sein können, die Kapazität läge bei zwölf bis 15 Personen pro Stunde. In der Lugner City kamen am ersten Tag 180, am zweiten 200 Leute.

Lotto, Moschee und Feherwehr

Auch die anderen Bundesländer (siehe unten) versuchen, ihre Impfdosen an den Mann und die Frau zu bringen. Da wird in Schulen geimpft und in Moscheen, in Feuerwehrhäusern und Kongresssälen. Und trotzdem stockt die Impfkurve. Noch vor fünf Wochen wurden österreichweit 80.000, manchmal gar 100.000 Leute am Tag geimpft, diese Woche lag der Höchstwert bei 45.000. Was also tun?

Die Überlegungen dazu überschlugen sich in den vergangenen Tagen regelrecht. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner etwa meldete sich am Freitag mit der Forderung nach noch kreativeren Ideen zu Wort, sie nannte als Ideen etwa eine Lotterie oder Konzert-Karten als Impf-Goodie. Außerdem plädiert sie für eine Drei-G-Regel in allen Betrieben. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) veröffentlichte hingegen einen Impf-Aufruf in mehreren Sprachen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nutzt neuerdings Tiktok, um zum Impfen zu motivieren.

Richtig in Schwung gebracht wurde die Debatte aber von der Ärztekammer. Sie stellte das Prinzip der Solidarität in der Pandemie infrage und forderte ein Ende der Gratistests. Warum sollten Geimpfte durch ihr Steuergeld für die Tests Ungeimpfter zahlen? Dem schlossen sich ÖVP-geführte Bundesländer an.

Nur Geimpfte dürfen rein

Der Sozialdemokrat und Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker sieht das freilich anders. PCR-Tests werde es brauchen, "solange es die Pandemie gibt", meinte er im Interview in der ZiB 2. Um dann mit einem anderen möglichen Weg zum selben Ziel aufhorchen zu lassen: Es sei denkbar, dass in Wien nur noch geimpfte Personen in bestimmte Gesellschaftsbereiche kommen, sagte er, und nannte als Beispiel Clubs und Fitnessstudios.

Eine Verordnung für eine solche indirekte Impfpflicht – so nennen Juristinnen und Juristen eine derartige Maßnahme – gibt es aber nicht, heißt es auf Nachfrage aus Hackers Büro. Die Überlegung sei da, jetzt warte man aber erst einmal ab, was der Bund mache.

Fix ist da noch nichts, hört man auch aus dem Bürgermeisterbüro: Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) werde sich wie gewohnt erst mit Expertinnen und Experten zusammensetzen und das besprechen, wenn nötig, werde man "entsprechende Schritte" setzen. Sinngemäß lautet die Position in Wien: Man wolle nicht ausscheren um des Ausscherens willen, aber wenn es nötig sei, gehe man schon einen eigenen Weg.

Vorbereitungen für die dritte Impfung

Während manche noch nicht einmal eine Dosis im Arm haben, bereiten sich derweil andere auf den dritten Stich vor. Der ist zwar bisher weder von der EMA zugelassen, noch wird er vom Nationalen Impfgremium empfohlen, dennoch laufen die Erleichterungen für Geimpfte mit heutigem Stand neun Monate nach dem Zweitstich aus. Mitte Oktober wird das bei den ersten der Fall sein. Starten wolle man mit der sogenannten Booster-Impfung, so viel wurde am Freitag von der Regierung bekanntgegeben, in Pflegeheimen und bei Risikogruppen.

Auch da zeichnete sich ein leiser Konflikt zwischen Bund und Wien ab. Der Gesundheitsminister ließ zuletzt aufhorchen, als er ankündigte, die Drittimpfungen eher in Ordinationen verlegen zu wollen – wenn auch nicht ausschließlich. Dem erteilte Hacker eine Absage, er könne sich nicht vorstellen, dass Ärztinnen und Ärzte das in Wien "so nebenbei machen". Nachdem weiterhin die Bundesländer für die Organisation der Verteilung zuständig sein sollen, wird es Wien aber freistehen, auch künftig in Bussen und Booten zu impfen.

In der Lugner City wartet derweil eine Dame mit ihrem Neffen auf dessen Impfung. Er möchte gern den Impfstoff von Pfizer. Den gibt es hier allerdings nur für unter 18-Jährige, die beiden gehen also wieder. Beim Abgang sagt die Tante: "Lieber sterbe ich, als dass ich mich impfen lasse." (Gabriele Scherndl, Gudrun Springer, Oona Kroisleitner, 6.8.2021)