Für Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer gibt es derzeit "wichtigere Themen" als eine Staatsbürgerschaftsdebatte.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Innsbruck – Das SPÖ-Konzept für einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft, das im Juni gehörig Staub aufwirbelte, ist für Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer offenbar momentan nicht mehr relevant. "Ich glaube, dass wir derzeit ungleich wichtigere Themen und Fragestellungen haben, die die Sozialdemokratie zu beantworten hat", sagte Dornauer im APA-Sommerinterview.

"Nicht auf meiner politischen Agenda"

Es handle sich um ein "Papier", dass unter der "Ägide" von Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser erarbeitet worden sei und "medienwirksam diskutiert" wurde, so Dornauer. Das Staatsbürgerschafts-Thema befinde sich aber "derzeit nicht auf meiner und unserer politischen Agenda", verortete Tirols oberster Roter den Vorschlag vorerst einmal als in der Schublade abgelegt.

Zufrieden zeigte sich Dornauer mit der aktuellen Migrations- und Asyllinie der Sozialdemokratie. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner habe sich gerade "ganz klar in der Migrationsfrage" geäußert, spielte Dornauer auf Rendi-Wagners Forderung nach einer Kooperation auf EU-Ebene an und auf ihre Warnung vor einem Szenario wie im Jahr 2015. Um einen Kurswechsel handle es sich dabei nicht, aber: "Vielleicht haben wir dazugelernt und kommunizieren das noch deutlicher und geschlossener."

Dornauer für restriktive Einwanderungspolitik

Dornauer machte jedenfalls klar, wenig von einer "Willkommenskultur"-Politik zu halten: Die Sozialdemokratie dürfe nicht "die Augen vor den Lebensrealitäten verschließen". Es brauche eine klare, restriktive Einwanderungs-, Migrations- und Asylpolitik – das "dänische Modell" der dort regierenden Sozialdemokraten sei die "Benchmark". "Es braucht klare, gesetzliche Regelungen, straffällig gewordene Asylwerber so rasch als möglich abzuschieben", forderte Dornauer. Jeder straffällig gewordene Asylwerber habe das Recht auf Aufenthalt verloren, einen Abschiebestopp nach Afghanistan könne es nicht geben.

Das erklärt wohl auch, warum er sich – im Gegensatz zu seiner Parteichefin Pamela Rendi-Wagner – eine Koalition mit der ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz vorstellen kann. "Ich würde diese Option definitiv nicht ausschließen", sagte Dornauer.

Einen Widerspruch zu der Ansage Rendi-Wagners – die gemeint hatte, dass es mit ihr an der Spitze keine solche Regierungskoalition geben werde – sah Dornauer nicht. Die Bundesparteichefin habe schließlich dezidiert vom "System Kurz" gesprochen. Auf die Frage, ob er somit an die Änderungsfähigkeit des Kanzlers glaube, sagte Dornauer: "Ich werde der ÖVP nicht vorschreiben, wen sie als Parteiobmann beim nächsten Parteitag wählt." Eine Koalition aus Türkis und SPÖ sei jedenfalls derzeit die "realistischste Option" nach der nächsten Wahl. Man müsse einfach nach den momentanen Realitäten und Umfragen ausgehen.

Forderung nach gemeinsamen Treffen

Nach den monatelangen parteiinternen Querelen ließ Dornauer unterdessen mit einer innerparteilichen Forderung bzw. einem Wunsch aufhorchen: Es müsse ein Treffen der SPÖ-Landesparteivorsitzenden mit Bundesparteichefin Rendi-Wagner geben. Die Bürger könnten "durchaus den Eindruck haben", dass in der SPÖ derzeit ein zu geringes Maß an Geschlossenheit an den Tag gelegt wird, so Dornauer: "Das ist abträglich und ist ehestmöglich zu ändern und zu kompensieren."

Es müsse das "notwendige Zeichen an Geschlossenheit gelebt werden" – daher ein solches Treffen abseits von Präsidiums- und Vorstandssitzungen. Er glaube schon, dass diese rote Geschlossenheit vorhanden ist, aber "man muss es auch leben und demonstrieren". Er wünsche sich jedenfalls dieses Treffen – und gehe auch davon aus, dass es zustande kommt. Dabei sollte die inhaltliche und programmatische Strategie für die kommenden Monate besprochen und die "großen Linien in allen gesellschaftspolitischen Bereichen" diskutiert werden.

Dornauer für Bures

Von Burgenlands SP-Chef Hans Peter Doskozil wünsche er sich, dass sich dieser "als starker und mit einer absoluten Mehrheit ausgestatteter Landeshauptmann konstruktiv in der SPÖ-Bundespartei einbringt". Das öffentliche Austragen des massiven Streits zwischen ihm und Rendi-Wagner sei ein "absolutes No-Go" von beiden Seiten gewesen. Er glaube aber an den "Wolfsberger Frieden", meinte Tirols oberster Roter und spielte damit auf die gleichnamige Kärntner Bezirkshauptstadt an, in der die beiden Spitzen-Roten einen quasi politischen "Waffenstillstand" vereinbarten. Einen Richtungsstreit hinter dem Konflikt der beiden zwischen einem eher linksliberalen und einem pragmatischen Mitte-Ansatz ortete Dornauer jedenfalls nicht. Der 38-Jährige hatte sich in letzter Zeit als Befürworter Rendi-Wagners hervorgetan und sich dezidiert für sie als Spitzenkandidatin bei der nächsten Nationalratswahl ausgesprochen.

Erneut sprach sich Dornauer unterdessen für die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures als rote Bundespräsidentschaftskandidatin aus – auch wenn Alexander Van der Bellen wieder antreten sollte. "Sie ist meine Wunschkandidatin. Sie kann es", so der Tiroler Parteichef. Die Frage sollte jedenfalls noch heuer entschieden werden. Eine staatstragende Partei wie die SPÖ müsse in dieser Frage "Flagge zeigen".

Den Zustand seiner Landespartei befand der ebenfalls in Opposition befindliche Dornauer jedenfalls positiv. Man sei einerseits äußerst kritisch und angriffig gegenüber der schwarz-grünen Landesregierung – etwa was die Causa Ischgl betreffe – und andererseits konstruktiv. Ziel bei der Landtagswahl 2023 sei, es "dazuzugewinnen" – 2018 waren es 17,25 Prozent. Und Dornauer machte klar, dass – "wenn uns der Wähler mit diesem Vertrauen ausstattet" – er ernsthaft um eine Regierung mit der ÖVP mitverhandeln wolle. Die Chancen dafür bewertete er offenbar als gut, denn: "Ich glaube, dass das mit Schwarz-Grün zu Ende geht." (APA, 7.8.2021)