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Das Bild des verstorbenen Präsidenten Jovenel Moïse, er war am 7. Juli in seinem Haus erschossen worden.

Foto: REUTERS/RICARDO ARDUENGO

Port-au-Prince – Einen Monat nach der Ermordung des Präsidenten von Haiti, Jovenel Moïse, hat die Justiz noch keine offiziellen Ermittlungen eingeleitet. Das zuständige Gericht hat nach Angaben aus Justizkreisen große Schwierigkeiten, einen Ermittlungsrichter zu finden. Die infrage kommenden Juristen haben demnach Angst um ihre Sicherheit und die ihrer Familie.

"Dies ist ein heikler und politischer Fall", sagte ein Ermittlungsrichter, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. "Jeder denkt an seine Sicherheit und die seiner Familie, bevor er sich einverstanden erklärt, die Untersuchung zu übernehmen". Er und seine Kollegen seien daher "nicht gerade begeistert, den Fall anzunehmen".

Leibwächter garantiert

Um die Ermittlungsrichter zu beruhigen, hat der Leitende Richter des Gerichts von Port-au-Prince, Bernard Saint-Vil, nach eigenen Angaben die Regierung aufgefordert, für ihren Schutz zu garantieren sowie Leibwächter abzustellen. "Noch bevor ein Richter mit dem Fall betraut wird, sollten diese Mittel zur Verfügung stehen", sagte er vor der Presse.

Saint-Vil hatte angekündigt, dass er den Name des zuständigen Ermittlungsrichters am Donnerstag bekannt geben werde. Doch am Samstag war der Posten immer noch vakant.

Staatschef Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seinem Haus in der Hauptstadt Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Seine Frau überlebte schwer verletzt.

44 Verdächtige

Die Polizei gibt an, bereits 44 Verdächtige im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen zu haben, darunter zwölf haitianische Polizisten, 18 kolumbianische Söldner und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft. Unter den Festgenommenen ist zudem Moïses Sicherheitschef. Laut Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

Die Polizei sucht nach weiteren Verdächtigen, darunter einen Richter am Obersten Gericht, einen ehemaligen Senator und einen Geschäftsmann. Die Staatsanwaltschaft von Port-au-Prince hatte zudem einen Oppositionsführer, den Vorsitzenden von Moïses Partei sowie zwei haitianische Pastoren, die Moïse öffentlich kritisiert hatten, vorgeladen.

Der Mord stürzte den ohnehin von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat in eine noch tiefere Krise. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der ermordete Präsident war zunehmend unpopulär: Viele Haitianer machten ihn für die Corona-Krise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich. (APA, 7.8.2021)