In zwei Spielen, "CS:GO" und "Rainbow Six Siege", kann der primär auf österreichische Spieler setzende Verein auch international mithalten.

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Sie trinken Bier im Live-Stream, bedienen sich nicht selten einer derben Sprache und fallen deshalb in der sonst eher nach außen konservativ, jugendlich wirkenden E-Sport-Szene auf, wie ein willkommener Fremdkörper. Die Sissi State Punks (SSP), so der Name des noch kaum aus dem Ei geschlüpften E-Sport-Vereins, fanden auf diese Weise Sponsoren wie Monster oder Betathome und auch Bierpartei-Chef Marco Pogo lässt sich gerne im Live-Stream der wilden Truppe blicken. Dazu kommen internationale Erfolge und eine stabile Struktur, die in der Szene nicht selbstverständlich ist. Im Gespräch mit dem STANDARD erzählt Vice President Patrick Krippner, warum es gerade gut für die Punks läuft und wie man auch künftig für mehr Glaubwürdigkeit der Szene am heimischen Markt kämpfen will.

Krippner selbst ist seit 2006 beruflich in der Gaming-Szene unterwegs. Zunächst als Redakteur tätig, wechselte er später ins Online-Marketing und machte sich 2019 schließlich selbstständig. Seit zwei Jahrzehnten verfolgt er den heimischen und internationalen E-Sport, 2017 gründete er seinen eigenen Verein. 2019 kam es dann zum Zusammenschluss mit zwei anderen Organisationen, um gemeinsam im internationalen E-Sport mitmischen zu können. Das Kind dieser Ehe wurde im Vorjahr Sissi State Punks genannt und ist seitdem der mit Sicherheit auffälligste E-Sport-Verein Österreichs.

Patrick ist Vice President und Digital Lead bei den Sissi State Punks.
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STANDARD: Ihr habt ein sehr, sagen wir erwachsenes Erscheinungsbild. Manche könnten es auch pubertär nennen. Stinkefinger, Alkohol – ist das alles Marketing, um aufzufallen?

Krippner: Wir sind halt Punks. Das ist ein Weg, den wir eingeschlagen haben und zu dem wir zu 100 Prozent stehen. Wir möchten niemanden beeindrucken oder etwas vorspielen. Wir sind, wie wir sind. Natürlich ist das ein Stückchen weit Marketing, doch wir alle, die Spieler, das Management, der Vorstand, alle Leute, die hinter der Marke SSP stecken, müssen sich auch damit identifizieren können.

Wir sind eine Generation, die missverstanden oder nicht ernst genommen wurde. Unsere Eltern haben eher mit uns geschimpft als uns unterstützt, weil wir so viel gezockt haben. Wir haben eine eigene Sprache kreiert und uns Freundschaften mit Menschen aufgebaut, die wir noch nie gesehen haben. Wir haben uns Spitznamen gegeben, weil wir unsere eigenen digital nicht tragen wollten. Wir haben auf unsere Art und Weise immer rebelliert.

STANDARD: Wie wichtig ist Marketing für euch? Welche Rolle spielen etwa Monster oder Marco Pogo für den Verein?

Krippner: Marketing ist natürlich enorm wichtig. Ohne vernünftige Marketing-Strategie hast du keine gute Reichweite. Ohne Reichweite bekommst du keine Sponsoring-Gelder, die du für Reisekosten, Trikots, Unterkünfte und ähnliches brauchst. Monster unterstützt uns bei allem, was wir machen. Egal, ob das ein Event ist, ein Videodreh oder ein Bootcamp. Hier bekommen wir Leistungen, die nicht selbstverständlich sind und die anderen E-Sport Organisationen in Österreich nicht zur Verfügung stehen. Dafür bin ich wirklich extrem dankbar.

Marco Pogo ist einfach ein sehr cooler Typ. Er verkörpert alles, wofür SSP steht und es ist wirklich ein Privileg, einen so interessanten Menschen in unserem Team zu haben. Zudem ist er ein bemerkenswert talentierter "Tony Hawk’s Pro Skater"-Spieler.

Marco Pogo und einer der SSP-Führungspersönlichkeiten, Georg The-Hatschka, beim Live-Stream.
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STANDARD: In Österreich redet man nicht gerne offen über Geld, aber natürlich interessiert jeden, um welche Umsätze es in diesem Bereich geht. Über welche Zahlen kannst und willst du sprechen?

Krippner: Das ist tatsächlich ein schwieriges und langwieriges Thema. Beginnen wir mit den Spielern. Diese verdienen wenn man es hart formuliert immer zu viel, da sie meist relativ wenig Reichweite auf den sozialen Netzen haben. Andererseits würden sie für die Zeit, die sie in Trainings und Strategie-Meetings stecken, eigentlich viel mehr verdienen. Das Problem aktuell ist, dass sich alles immer mehr in Richtung Reichweite entwickelt und spielerischer Erfolg ist da meist nur zweitrangig. Dieser Trend ist nicht schön, aber zeigt deutlich, in welche Richtung der Wind weht und wo Spieler ansetzen müssen, um künftig einfach eine bessere Verhandlungsbasis zu haben.

Der größte Teil unseres Budgets geht in der Regel für Reise- und Übernachtungskosten, sowie Goodies für Spieler und helfende Hände drauf. Wir selbst verdienen im Management nichts damit und sehen es als Hobby. Zu Beginn sollte man auch mit kleineren Beträgen glücklich sein und sich eventuell auch lokale Sponsoren suchen. Je größer man wird, umso eher kann man auch größere Deals in Angriff nehmen. Genaue Summen unserer Deals darf ich natürlich nicht nennen, aber wir können uns nicht beklagen.

Im Fighting-Spiel "Tekken" hat man mit Mr. Croft gerade sogar die Nummer 1 der Welt unter Vertrag.
Foto: Namco Bandai

STANDARD: Wie seid ihr zu euren Marketing-Deals gekommen? Hattet ihr Unterstützung vom Verband? Musstet ihr euch das Netzwerk von Grund auf alleine aufbauen?

Krippner: Die Väter der Sissi State Punks, namentlich TKA, WarKIdZ und Viennality, hatten vor der Ehe ihre eigenen Deals. Mit dem Zusammenschluss haben wir nicht nur unsere Ressourcen gebündelt, sondern auch unsere Partner. Gemeinsam haben wir uns nun, mit der Hilfe unserer Sponsoren, ein neues Netzwerk aufgebaut und sind ständig mit neuen, spannenden Firmen in Kontakt. Der Verband hilft uns natürlich, wo wir ihn brauchen und leitet auch mal potentiell passende Partner an uns weiter.

STANDARD: In Österreich hat man das Gefühl, das Thema wird noch immer nicht ernst genommen. Wie pitcht ihr an potenzielle Partner das Thema Esport und euren Verein?

Krippner: E-Sport wird mittlerweile ernster genommen, als man glaubt. Viele Firmen und Entscheidungsträger verstehen, dass wir hier von einer Zielgruppe mit enormem Potential sprechen. Jung, kaufbereit, digital sind nur einige Schlagworte, die hier gut passen. Natürlich gibt es noch genügend Firmen, die das noch nicht sehen, aber das ist ganz klar unsere Aufgabe zu zeigen, was möglich ist. Ganz wichtig ist es, hier ehrliche Zahlen und Fakten zu präsentieren.

Foto-Shootings, Marketing-Deals, Social-Media – um im E-Sport erfolgreich zu sein braucht es heute starke Strukturen.
Foto: SSP

STANDARD: Wie hat sich der Esport eurer Meinung nach in den letzten Jahren in Österreich entwickelt? Was waren Antreiber, was hat gebremst?

Krippner: Der E-Sport findet langsam einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft. In Österreich ist er zwar noch nicht so angekommen, wie in anderen Ländern, aber es geht langsam bergauf. Es gibt einige Turniere und Ligen, die der noch sehr jungen Szene enorm helfen. Was das aktuelle Wachstum bremst sind Reichweitenmessungen, die lokal viel kaputt gemacht haben. Das ist nichts Verwerfliches, immerhin ist es ein möglicher Messwert. Traurig ist nur, dass aus anfänglicher nationalen Nachwuchs- oder Szene-Förderung, dann einfach für den heimischen E-Sport wenig interessante Events wurden.

Was ich mag sind unsere heimischen LAN-Partys. Hier steckt immer noch enorm viel Liebe und Leidenschaft dahinter, die aufgrund von anderen Veranstaltungen nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie eigentlich verdienen. LANs haben mir im letzten Jahr unheimlich gefehlt, weil sie die persönlichen Kontakte zur heimischen Szene unglaublich fördern.

STANDARD: Was fehlt eurer Meinung nach hierzulande, damit der E-Sport noch erfolgreicher und vor allem populärer wird?

Krippner: Das ist einfach. Regelmäßige, gute und glaubwürdige Berichterstattung, sowie Turniere mit hohen Geldpreisen. Dann braucht es noch mehr Firmen, die Teams in und aus Österreich langfristig finanziell unterstützen, um langfristig etwas aufzubauen.

Wie wichtig vor allem mediale Berichterstattung in diesem Zusammenhang sein kann hat man gemerkt, als Aqua die "Fortnite" Championships 2019 gewann. Plötzlich kam sogar meine Oma mit der Zeitung in der Hand und meinte: "E-Sport, das machst du doch auch? Wo sind deine 1,5 Millionen Euro?"

STANDARD: Wenn du drei Wünsche frei hättest – einen an potenzielle Veranstalter und Sponsoren, einen an die heimische Szene und einen an Leute, die sich bis jetzt nicht für Esport interessiert haben – welche wären das?

Krippner: An potenzielle Veranstalter und Sponsoren habe ich die Bitte, dem E-Sport eine Chance zu geben. Sucht euch eine tolle Organisation, die zu eurer Brand passt und baut gemeinsam etwas einzigartiges auf. Die heimische Szene sollte am besten aufhören, irgendwelche Fantasie-Zahlen an potenzielle Kooperationspartner zu verschicken. Das schadet uns allen dauerhaft. Deshalb ist meine Bitte, bleibt authentisch.

Von Leuten, die sich bis jetzt nicht für E-Sport interessiert haben würde ich mir wünschen, doch einmal ein Offline-Event zu besuchen. Wenn sie dann den E-Sport immer noch nicht mögen, dann soll es so sein. Nicht jeder mag Bier, doch wir alle wissen, dass es schmeckt!

(Alexander Amon, 8.8.2021)