Der Wert der Markenrechte der Wienwert spielt in zivilrechtlichen Verfahren von Gläubigern ebenso eine Rolle wie in den Ermittlungen der Strafjustiz.

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Der Kollaps der Immobiliengesellschaft Wienwert Anfang 2018 hat einen Millionenschaden verursacht – vor allem bei Anleihegläubigern. Zuletzt hatte die Gesellschaft, die der 2016 im Vorstand gelandete Stefan Gruze umstrukturieren wollte, fast 40 Millionen Euro platziert; bedienen konnte sie die Anleihen nicht. Aufgefallen sind die Geschäfte der von Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu ursprünglich 2008 gegründeten Gesellschaft schon davor, aufgehalten hat den Lauf der Dinge aber niemand.

Schon im Jahr vor der Pleite gab es Strafanzeigen, im Gutachten zur Causa Wienwert umfasst die Kurzzusammenfassung der ab Mitte 2017 eingebrachten Sachverhaltsdarstellungen allein 42 Seiten. Ausgelöst wurden die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anfang September 2017 durch die Anzeige eines Geschäftspartners von Gruze, sie richtete sich gegen ihn und die zwei Firmengründer. Festgehalten sei an dieser Stelle, dass die Beschuldigten (derer gibt es bereits 22) die Vorwürfe bestreiten und die Unschuldsvermutung gilt. Der Anwalt der Gründer der Gesellschaft, Stefan Prochaska, sagte jüngst, man arbeite noch an der Stellungnahme zum Gutachten; die Darstellungen darin stimmten nicht.

Anzeigenflut

Ende September 2017 folgte eine Anzeige der Sammelklagen-Plattform Cobin, die auch den Deal der zwei Gründer mit der Marke Wienwert thematisiert. Die Firmengründer haben die Markenrechte in die Wienwert hineinverkauft und dafür in Summe rund drei Millionen Euro bekommen. Auch in diesem Zusammenhang ermittelt die WKStA, und zwar auch gegen damals involvierte Wirtschaftsprüfer.

Im Mai 2017 hatte sich ein Whistleblower bei der FMA gemeldet, der mitteilte, dass die Gläubiger der Wienwert mit der damals aufliegenden Anleihe "viel Geld verlieren" könnten. Die FMAging dem nach und erstattete im Juni 2017 eine Anzeige, die bei der Staatsanwaltschaft Wien landen sollte.

Ein halbes Jahr später wurde auch die Hausbank von Wienwert und Gruze aktiv. Am 21. Dezember erstattete sie Geldwäscheverdachtsmeldung gegen fünf Gesellschaften und den Wienwert-Chef;sie öffnete und pürfte insgesamt acht Konten.

Geldwäscheverdacht gemeldet

So kam den Bankern etwa die Gehaltsentwicklung von Gruze "inadäquat" vor. Die scheine der Lage der beiden Wienwert-Gesellschaften (WW Holding AG und Tochter Wienwert AG) nicht angemessen. Gruze verdiente wie berichtet rund 50.000 Euro brutto im Monat fix, Wienwert verdiente nichts. Laut dem Gutachten für die WKStA war die Vorstandsvergütung in der kleinen und schwer angeschlagenen Wienwert massiv überhöht.

Vorwürfe, die Gruze zurückweist: Zum einen sei er qualifiziert und seine Vergütung vom Aufsichtsrat vorab genehmigt gewesen. Zum anderen habe er, als ihm die Firmengründer den Vorstandsjob offerierten "ein gleichlautendes Angebot mit denselben Konditionen von einem namhaften österreichischen Immobilienunternehmen gehabt", lässt Gruzes Rechtsanwalt, Norbert Wess, wissen. Welches Unternehmen Gruze anwerben wollte, das ist nicht überliefert.

Lizenzentgelt und Markendeal

Die besonders umstrittene Transaktion mit den Markenrechten wurde Ende März 2016 finalisiert. Nach der Unternehmensgründung, zwischen 2011 und 2015 bekamen Sedelmayer und Bakirzoglu bzw. ihnen nahestehende Firmen pro Jahr zusammen 120.000 Euro netto als Lizenzgebühr ausgezahlt, heißt es im Gutachten. Nachdem Gruze in den Vorstand gekommen war, traten sie die Markenrechte per Ende März 2016 an die WW Holding ab – was sich diese 3,12 Mio. Euro kosten ließ. Geld, das sie mit Verbindlichkeiten gegenverrechnete, die die Gründer und Altvorstandsmitglieder bei Wienwert hatten. Der Gutachter kommt zum Schluss, dass auch dieser Deal auf Kosten der Anleihegläubiger finanziert wurde.

All das war gut abgesichert, wie alle Beteiligten betonen: Begleitet wurde der Deal von Wirtschaftsprüfern, es gab zudem ein Markenwertgutachten einer großen Wirtschaftsprüfungskanzlei. Die Marke, die eben einen Vermögenswert von fast 3,2 Mio. Euro darstellte, fand damals auch Eingang in die Bilanz. "Die unsichere Zukunft des Unternehmens hätte zumindest in den Markenwert eingepreist werden müssen", heißt es im Ermittlungsakt in diesem Zusammenhang. Und: Ein Sachverständiger bewertete die Marke im Verfahren mit maximal 100.000 Euro.

Pikanterie am Rande: Verwendet hat Wienwert ab Frühling 2016 laut Gutachter dann eine andere Marke als die gerade angekaufte. (Renate Graber, 9.8.2021)