Bange Blicke, auch in die Zukunft. Bewohner von Gouves auf Euböa sehen die Flammen näher kommen. Auch ihnen droht die Evakuierung.

Foto: APA / AFP / Tzortzinis

Die Feuerwehrleute sprechen von einer kraftraubenden Schlacht gegen zwei Feuerfronten auf der Insel Euböa. Während die Südwestböen des Windes die Brände antreiben, wird den Einsatzkräften mit Löschflugzeugen geholfen. Tausende Menschen wurden in den vergangenen Tagen mit Fähren ans Land gebracht. Noch ist aber auf jener Insel, die nach der Tochter des Flussgottes Asopus benannt wurde, das Feuer stärker als das Wasser. Obwohl Einsatzkräfte aus der Ukraine und Rumänien die Griechen unterstützen, nähern sich die Glutnester immer wieder an die Dörfer an.

Die Menschen werden per SMS gewarnt: "Schließen Sie alle Kamine, Fenster und Türen, damit die Wärme nicht in das Innere des Hauses eindringt. Ein Waldbrand ist in Ihrer Nähe". Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis kündigte am Wochenende an, die Wiederaufforstung als Priorität aufzunehmen. Er ist sich der ökologischen Dimension der Brände bewusst.

Albtraumhafter Sommer

"Wenn dieser albtraumhafte Sommer vorbei ist, werden wir unsere ganze Aufmerksamkeit darauf richten, die Schäden so schnell wie möglich zu beheben und unsere natürliche Umwelt wieder herzustellen", sagte Mitsotakis. Der Regierungschef von der konservativen Nea Dimokratia (ND) stellte auch immer wieder klar, dass die zerstörerischen Szenen "die Realität des Klimawandels" offenbaren würden. Die bisherigen Schritte gegen die menschengemachte Veränderung seien "nicht ausreichend, wenn man sich mit einem Naturphänomen solchen Ausmaßes konfrontiert sieht", mahnte er. Wer das noch immer nicht verstehe, solle kommen und sich selbst ein Bild machen.

Wochenlange Hitzewelle

Tatsächlich war den Bränden auf der Balkanhalbinsel eine wochenlange Hitzewelle vorangegangen, also eines jener Extremwetter-Phänomene, die den Klimawandel auszeichnen. Seit den verheerenden Bränden 2018, als in Griechenland über 100 Menschen verstarben, sind Politik und Gesellschaft bereits für das Thema sensibilisiert.

Der stellvertretende Zivilschutzminister Nikos Hardalias meinte: "Wir reden nicht mehr über den Klimawandel, sondern über eine Klimabedrohung." Und auch EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius meinte, die Brände in Griechenland seien ein klares Signal, dass man Maßnahmen treffen müsse. "Wir müssen uns fragen: Ist das die Welt, in der wir leben wollen?", twitterte Sinkevicius. "Wir brauchen sofortiges Handeln für die Natur, bevor es zu spät ist."

Ähnlich wie in Deutschland nach den Hochwassern ist der Ruf nach effizienteren Maßnahmen gegen den Klimawandel groß. Auch der Katastrophenschutz müsse sich vermehrt mit den Extremwetter-Erscheinungen beschäftigen, wird gefordert. Mitsotakis selbst ist schon seit Langem ein Verfechter von mehr Maßnahmen. Als er 2019 Premier wurde, versprach er ein Verbot von Einwegplastik, die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken bis 2028 und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 35 Prozent bis 2030. Durch die Brände sind in Griechenland auch Kulturstätten und langfristig der Tourismus in Gefahr.

Keine Entschuldigung

Laut dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem (EFFIS) sind allein auf Euböa tausende Hektar Wald betroffen. Für die Athener sind insbesondere die Brände im Nationalpark rund um den Berg Parnitha unweit der Hauptstadt unheildrohend. Denn die Rauchschwaden ziehen über die Stadt, Menschen haben Atemprobleme, und die Wälder im Nationalpark selbst zählen zu den letzten, die es in Griechenland noch gibt.

Mitsotakis verweist immer wieder darauf, dass die wirtschaftliche Zukunft Griechenlands davon abhängt, ob es seine Umwelt schützen kann, vor allem angesichts der steigenden Meeresspiegel und der Kosten von Stürmen und Hitzewellen. "Der Respekt vor der Natur war ein wichtiger Grundgedanke vieler griechischer Philosophen, die die Folgen einer Störung des empfindlichen Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur erkannten. Die alten Griechen hatten jedoch keinen Zugang zu wissenschaftlichen Fakten; sie stellten nur Hypothesen auf. Wir haben diese Entschuldigung nicht, aber wir haben es versäumt, zu handeln", warnte er in einer Rede vor der Uno. (Adelheid Wölfl, 9.8.2021)