Parken in Wien erregt die Gemüter – zumindest wenn es darum geht, ob es kostenpflichtig sein soll.

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Die Enkel besuchen, mit Freunden auf ein Achtel und eine Brettljause beim Heurigen, mit den Kindern zum Arzt des Vertrauens oder auch eine auf Abkühlung an der Alten Donau – "mit dem Parkpickerl" ist das laut der Wiener ÖVP "für viele nicht mehr möglich!", wie in den neuen Sujets seit dem Wochenende verkündet wird.

Die Pläne ab März

Was die Türkisen echauffiert: Mit März wird Wien fast flächendeckend zur kostenpflichtigen Kurzparkzone – zwischen 9 und 22 Uhr können künftig nur Autos mit Parkpickerl länger abgestellt werden. Kosten soll das Pickerl zehn Euro pro Monat beziehungsweise 120 Euro pro Jahr – exklusive einer Verwaltungsabgabe, die zwischen 39,90 und 50 Euro beträgt. 229.000 derzeit öffentliche Parkplätze werden mit der Umstellung kostenpflichtig. Die Bezirke Donaustadt, Floridsdorf, Liesing und Hietzing, die derzeit noch pickerlfrei sind, werden nach jahrelanger Weigerung auf Parkpickerl umgestellt. Ausnahmen wird es aber weiterhin geben, etwa am Bisamberg oder beim Nationalpark Donau-Auen.

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ÖVP hält dagegen

Die Wiener ÖVP hält die Ausdehnung für "weit weg von der Lebensrealität vieler Wienerinnen und Wiener". Es würden besonders jene Menschen in ihrer Mobilität beschränkt, die aufgrund ihres Alters oder ihrer persönlichen Umstände auf ein Auto in den Außenbezirken angewiesen sind, schreiben die Türkisen auf Facebook. "Für viele könnte so der Besuch der Enkelkinder am Nachmittag zur Gänze ausfallen. Deshalb wollen wir maßgeschneiderte Lösungen für unsere Grätzl und Parkraumbewirtschaftung nur dort, wo sie auch wirklich sinnvoll ist!"

Die vier dazu passenden Sujets ernteten in den sozialen Netzwerk aber vor allem Häme. "Ist das Satire?", fragten etwa einige Userinnen und User. Auch viele grünen Politikerinnen und Politiker – die Koalitionspartner in der Bundesregierung – machten sich über die Plakate lustig.

Scherzhaft reagieren auch die Wiener Linien. Der Öffi-Betreiber twitterte am Montag sein eigenes Sujet: "Die Bim blockieren? Mit dem Parkpickerl für viele nicht mehr möglich", heißt es dort.

Andere versuchten es mit Aufklärung. "Liebe ÖVP! Ich wohne seit 20 Jahren ohne Auto in Wien und bin bis jetzt trotzdem überall hingekommen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß, und ein paar Mal im Jahr – wenn es wirklich nicht anders ging – mit dem Taxi", heißt es unter anderem in einem Kommentar. Auf Twitter gestalteten manche eigene Sujets. Zum Beispiel: "Mit den Kerzerln zum Friedhof fahren? Mit dem Parkpickerl für viele nicht mehr möglich!"

Umfrage: 56 Prozent für Parkpickerl in ganz Wien

Eine Umfrage der Stadt Wien zeigt, woher das Unverständnis vieler in den sozialen Netzwerken rührt – denn die Zufriedenheit mit den Plänen dürfte über alle Altersgruppen hinweg demnach hoch sein. 1.000 Personen wurden im Juli von Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung zu aktuellen Themen der Stadtpolitik befragt – unter anderem ob sie das flächendeckende Parkpickerl ab 1. März 2022 sehr befürworten, eher befürworten, eher ablehnen oder sehr ablehnen. Das Ergebnis: 33 Prozent sind sehr dafür, 23 Prozent eher – also 56 Prozent stehen den Plänen positiv gegenüber. 15 bzw. 22 Prozent lehnen das Projekt eher bzw. sehr ab – 37 Prozent sind von der neuen Parkraumbewirtschaftung also nicht überzeugt. Der Rest wollte keine Angabe machen.

Zufriedenheit nach Parteiwählerschaft

Weil vom Meinungsforschungsinstitut auch die sogenannte Rückerinnerungsfrage gestellt wurde – also wen man bei der letzten Wien-Wahl im Oktober 2020 gewählt hat –, lässt die Umfrage auch Einblicke dazu zu, wie die einzelnen Wählerinnen und Wähler dem Parkpickerl gegenüberstehen. Wenig überraschend ist die Einstellung von Grün-Wählerinnen und -Wählern hier am positivsten: 72 Prozent sind sehr oder eher für das flächendeckende Parkpickerl. Bei den SPÖ-Wählerinnen und -Wählern sind es 62 Prozent, bei den Neos 56 Prozent, und auch bei den ÖVP-Wählerinnen und -Wählern sind es mehr als die Hälfte, nämlich 52 Prozent. Die Türkisen haben mit 32 Prozent aber auch den zweithöchsten Wert bei "sehr ablehnend", nur die FPÖ verzeichnet hier mit 34 Prozent noch mehr. 48 Prozent der FPÖ-Wählerinnen und -Wähler stehen dem Pickerl aber positiv gegenüber.

Jüngere am wenigsten zufrieden

Zwischen Männern und Frauen gibt es keine großen Unterschiede, bei den Altersgruppen ist die Zustimmung unter den unter 30-Jährigen am geringsten: Hier sind 19 bzw. 28 Prozent sehr oder eher für das flächendeckende Parkpickerl, in der Gruppe 30 bis 49 Jahre sind es 39 bzw. 18 Prozent, bei den bis 59-Jährigen 34 bzw. 27 Prozent, und in der Gruppe 60 plus sind 37 bzw. 22 Prozent sehr oder eher für das Pickerl in ganz Wien. (Lara Hagen, 9.8.2021)