Die Sänger und Sängerinnen bemühen sich in Innsbruck nicht nur um Schönklang und barocke Verzierungen. Sie werden auch szenisch recht aktiv, wenn es das Libretto vorsieht.

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Nach Innsbruck, zu den Festwochen der Alten Musik, fährt man voller Anspannung und Neugierde. Wird da wieder ein Werk ans Licht der Opernwelt gebracht, ausgegraben, das sträflicherweise übersehen wurde? Festwochen-Chef Alessandro De Marchi ist in den letzten Jahren etliches gelungen, als "alte" Novität präsentiert er heuer die 1680 in Rom uraufgeführte Commedia per musica Idalma.

Das Werk des einstmals überaus erfolgreichen Komponisten und Cembalisten Bernardo Pasquini schlummerte lange in den Archiven. Ideal für De Marchi. Mit zeitlich sicher beträchtlichem Aufwand hat er das Material gesichtet und in eine aufführbare Form gebrachte.

Nach viereinhalb Stunden (inklusive zweier Pausen) muss allerdings leider konstatiert werden: Idalma hätte weiter in Frieden ruhen dürfen. Warum? Weniger ob der konfusen Geschichte, in der sich – sehr kurz gesagt – Lindoro nicht zwischen Idalma und Irene entscheiden kann. Es ist eher die Musik. Sie schnurrt auf einem mittleren Level vor sich hin mit – für die Entstehungszeit typischen – eingeschränkt ariosen Stellen.

Das Orchester samt Dirigent De March am Cembalo begleitet dann eher matt und verschattet. Zwar gibt es Preziosen wie eine Langhalslaute oder eine schön schnarrende Barockgitarre. Doch nur an wenigen Stellen schwimmen sich De Marchi und seine Musiker und Musikerinnen frei, lassen etwa einmal einen wirbelnden Volksliedton hören.

Es wird renoviert

Stichwort Bühne: Da das Landestheater renoviert wird, läuft die Aufführung im Haus der Musik. Akustisch ist das kein Problem, allerdings gibt es wenig Technik. So blickt man drei Akte lang auf und in ein Museum, das auch ein alter Salon sein könnte. Dort wird renoviert, ausgemessen, umgebaut. Die Opernfiguren stören das Personal und greifen gespensterhaft ins Geschehen ein (und umgekehrt). Die Idee von Regisseurin Alessandra Premoli trägt jedoch nur einen halben Akt ...

Das Vokalensemble bemüht sich um Schönklang und Verzierungen: Rupert Charlesworth ist ein kräftig klingender Lindoro, Margherita Maria Sala leistet als Irene Immenses (vor allem bezüglich vokaler Kondition). Arianna Vendittellis Idalma wiederum gefällt in der Mittellage und tieferen Registern. Die Stimme des Abends? Anita Rosati als Pagen Dorillo. Ihr wunderbar helles Timbre und das humorvolle Spiel machen sie zum Lichtblick!

Bleibt zu erwähnen, dass De Marchi 2008 Pasquinis Oratorium Sant’Agnese szenisch herausbrachte. Das war ein Traum, der indes keine zwei Stunden dauerte. Vielleicht könnten also eine Kürzung und mehr an musikalischer wie szenischer Würze Idalma doch noch retten. (Jörn Florian Fuchs, 10.8.2021)