Es ist nur folgerichtig, dass Alexander Lukaschenko nun auch Josef Stalin ein Denkmal setzen will. Dieser habe schließlich dafür gesorgt, dass Belarus sich nach Westen ausgedehnt habe und ehemalige polnische Gebiete zugewiesen bekam, sagte der Machthaber in Minsk zur Begründung.

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Alexander Lukaschenko will Josef Stalin ein Denkmal setzen.
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Sowjet-Nostalgie gehört schon seit Jahrzehnten zum politischen Arsenal Lukaschenkos. In der Vergangenheit punktete er bei seinen Landsleuten damit, wenn es um die gerechte Aufteilung des Volkseigentums oder das Gemeinschaftsgefühl einer Kollektivgesellschaft gegen den westlichen Individualismus ging. Inzwischen jedoch hat diese Nostalgie immer weniger soziale und immer stärkere politische Züge. Spätestens seit dem Wahlzirkus des vergangenen Sommers, der stark an die sozialistischen Abstimmungen erinnerte, setzt der frühere Kolchose-Chef voll auf Abschottung und Totalitarismus.

Nur eine Person bestimmt, wer für das Land im Sport antreten darf; nur sie verfügt auch, was die Kinder in den Schulen zu lesen bekommen. So ist es kein Wunder, dass das Bildungsministerium die Schriftsteller Wladimir Nabokow, Alexander Solschenizyn und Swetlana Alexijewitsch aus dem Schulprogramm gestrichen hat. Zu Sowjetzeiten galten die ersten beiden als politisch suspekt. Alexijewitsch, die einzige Literaturnobelpreisträgerin, die Belarus hervorgebracht hat, gilt als Kritikerin Lukaschenkos. So bewahrt der "Landesvater" seine Kinder vor ihren "schädlichen Einflüssen". (André Ballin, 9.8.2021)