So beredte Worte Thomas Bach in seinem Resümee über die am Sonntag beendeten Spiele in Tokio fand, so schmähstad war der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bezüglich der nächsten Station der Olympier. Fragen zu den Winterspielen in Peking, die in sechs Monaten eröffnet werden sollen, ließ der Deutsche in Japan stets von Mark Adams abblocken, seinem Sprecher, in diesem Fall eher aber Cerberus, Hüter der Unterwelt. Bachs ebenso dürrer wie nichtssagender Kommentar: "Wir werden weiterarbeiten für den Erfolg der nächsten Olympischen Winterspiele und Olympischen Spiele."
Lercherlwind
Die Beschränkungen, die Japan inmitten der Pandemie seinen olympischen Gästen auferlegte, könnten ein Lercherlwind gegen die drakonischen Maßnahmen gewesen sein, die die "Jugend der Welt" in China erwartet. Und all das – wochenlange Quarantäne, tägliche Tests, entwürdigende Kontrollen und lückenlose Überwachung – wird nichts sein gegen die Menschenrechtssituation im Einflussbereich des Olympia-Gastgebers, die seit Vergabe der Spiele im Sommer 2015 in Kuala Lumpur jedenfalls nicht besser wurde.
Die in Göttingen ansässige Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte Bach am Tag nach Tokio auf, endlich Stellung zur Lage der Menschenrechte zu beziehen. Bach trete "mit seinem Schweigen zum Völkermord der chinesischen Regierung an der uigurischen Volksgruppe nicht nur die Werte der Olympischen Charta mit Füßen", sondern missachte auch die Stellungnahmen vieler UN-Experten, hieß es seitens der GfbV. Das IOC könne nicht so tun, als wisse es von nichts.
In Tokio antwortete Adams für seinen Chef auf konkrete Nachfragen zur Situation der Uiguren: Man sei hier in Tokio. Punkt.
Auf der IOC-Website für "Beijing 2020" stammt die letzte Nachricht über den kommenden Gastgeber vom 21. Juli. In einer Meldung vom 5. Mai steht, dass Bach mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping telefoniert habe. Thema: Fortschritt der Vorbereitungen im Zuge der sich verbessernden gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation in China.
Nächste Welle
Tatsächlich verzeichnet China wieder steigende Infektionszahlen, die Pandemie wird auch in sechs Monaten noch eine große Rolle spielen. Wurde schon vor Monaten zu Reservierungen und Zahlung für Medienhotels aufgerufen, herrscht gegenwärtig Funkstille. Corona könnte einen hervorragenden Vorwand für die Gängelung möglicherweise kritischer Berichterstatter liefern. Aktuell besteht bei nur ausnahmsweise genehmigter Einreise nach China eine mindestens zweiwöchige Quarantänepflicht, die in einer zentralen Einrichtung absolviert werden muss, wie Österreichs Außenministerium schreibt.
Auch für das IOC gewichtige kritische Stimmen kommen aus den USA. Neben dem Mediengiganten NBC, für den Tokio ein Quotendebakel war (minus 50 Prozent gegenüber Rio de Janeiro 2016), sitzen dort fünf große Sponsoren der Olympier. Der demokratische Senator Jeff Merkley, Vorsitzender der China-Exekutivkommission des Kongresses, warf den Unternehmen bei einer Anhörung vor, sie unterstützten das chinesische Regime dabei, die "Erfolge seiner Propaganda" einzuheimsen.
Die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte das IOC dazu auf, Druck auf die chinesische Regierung auszuüben. Die Olympischen und Paralympischen Winterspiele könnten zu einem "triumphalen chinesischen kommunistischen Spektakel im Schnee" werden.
Nicht nur in Dharamsala, Indien, am Sitz der tibetischen Exilregierung, wird seit Monaten gegen die Zusammenarbeit der Olympier von Präsident Thomas Bach mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping demonstriert. (Sigi Lützow, 10.8.2021)