FPÖ-Chef Herbert Kickl will keine rechtlichen Nachteile für sich und andere Ungeimpfte.

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FPÖ-Obmann Herbert Kickl hat am Mittwoch einmal mehr einen "Impfdruck" seitens der Regierung angeprangert. "Ich bin ungeimpft, und es ist auch meine Absicht, das in weiterer Folge auch zu bleiben", betonte der FPÖ-Chef auf einer Pressekonferenz – "gerade dann, wenn der Impfdruck von offizieller Seite immer mehr erhöht wird". Zwar habe er "überhaupt kein Problem damit", wenn sich jemand impfen lässt. Es sei aber eine "verantwortungslose Vorgangsweise", Druck auszuüben.

Denn dies führe dazu, dass sich Bürger aus Angst vor beruflichen Nachteilen, aus Sorge wegen Mobbings der Kinder in der Schule oder Benachteiligungen anderer Art impfen lassen. Er sei "guten Gewissens ungeimpft", weil er sich das schlechte Gewissen von der Bundesregierung "und ihren Handlangern" nicht einreden lassen wolle. Mit den "De-facto-Berufsverboten", die "weit über den Gesundheitsbereich" hinaus gehen würden und dem Druck in den Schulen trete genau das ein, wovor die FPÖ immer gewarnt habe, nämlich ein indirekter Impfzwang, befand Kickl.

Bote wird zu Kurz geschickt

Von Bundeskanzler Kurz verlangt Kickl eine eidesstattliche Erklärung. Darin solle der Kanzler garantieren, "dass es in Österreich weder einen direkten noch einen indirekten Corona-Impfzwang gibt" und dass Ungeimpfte keine Repressalien zu befürchten haben.

Der FPÖ-Chef positionierte sich auch gegen die Erkenntnisse der Wissenschaft, die die hohe Wirksamkeit der Impfstoffe gegen schwere Krankheitsverläufe vielfach belegt (siehe etwa hier oder hier). Stattdessen bringt Kickl den "Hausverstand" in Stellung und plädierte für "Präventionsmaßnahmen", um den Wirt des Virus zu stärken. Er denke dabei an "Vitaminpräparate", die Empfehlung, "mit Bitterstoffen zu arbeiten" und sich möglichst viel an der frischen Luft zu bewegen, sagte Kickl. Darüber hinaus forderte er den "verstärkten Einsatz von Medikamenten" und mehr Unterstützung der Forschung in diesem Bereich.

Wissenschaftlich ohne jede Evidenz

Wissenschaftlich und medizinisch betrachtet sind die Vorschläge von Kickl bar jeglicher Evidenz. Klar schadet es keinesfalls, sich an der frischen Luft zu bewegen. Aber das Versprechen, dadurch oder durch die Einnahme von Vitaminpräparaten (welche genau?) und von Bitterstoffen (grüner Tee?) vor einer schweren Covid-19-Erkrankung gefeit zu sein, ist natürlich Humbug und durch Studien nicht belegbar.

Seit mittlerweile eineinhalb Jahren wissen wir, dass schwere Covid-19-Erkrankungen vor allem von zwei Faktoren abhängen: vom Alter und von Vorerkrankungen. Für Personen mit einem aus diesen Gründen schwächeren Immunsystem (in Österreich weit mehr als eine Million) müssen die Kickl’schen Vorschläge entsprechend wie ein schlechter Hohn klingen, die zudem zwei mehr oder weniger subtile Botschaften transportieren.

Erstens stärken sie das Vertrauen auf das eigene Bauchgefühl und untergraben die echte Expertise der Fachleute. Und zweitens reden sie einem rechten Sozialdarwinismus das Wort – ganz nach dem Motto: Wer an Covid-19 erkrankt, ist "schwach" und quasi selber schuld. Denn man hätte ja das eigene Immunsystem stärken können.

Wissenschaftspopulismus à la FPÖ

Dass sich solche Appelle an den "gesunden Hausverstand" bei FPÖ-nahen Schichten verfangen, ist mittlerweile auch sozialwissenschaftlich gut dokumentiert: Im Juli berichteten Forschende der Uni Wien im Rahmen des Austrian Corona Panel Projects (APCC), dass rund ein Viertel der Bevölkerung der Meinung ist, dass man sich mehr auf den gesunden Menschenverstand und weniger auf wissenschaftliche Studien verlassen sollte. Personen, die diese "wissenschaftspopulistischen" Ansichten vertreten, haben einen "mittleren Bildungsgrad" und sind tendenziell FPÖ-Wähler.

Zudem sind sie weniger gewillt, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. (tasch, APA, 11.8.2021)