Händisch werden Kürbiskerne heute fast nur noch von kleinen Kürbisbauern für die Eigenproduktion geputzt. Auf den großen Kürbisäckern ernten inzwischen Maschinen.

Foto: Elmar Gubisch

Ein Tag ohne Kernöl ist zwar möglich, aber doch nur eine halbe Sache. Und die könnte es bald werden, wenn man den Landwirten in den letzten Wochen zuhörte. Erst war es zu trocken, dann zu nass, mitunter zerstörte auch noch Hagel Teile der Ernte.

Da macht sich ein Salatconnaisseur schnell auch Sorgen um die Kürbisse. Können die mit dem sich wandelnden Klima umgehen? Bemerken auch die Kürbisbauern eine Veränderung?

Ernte findet immer früher statt

"Absolut", antwortet darauf Thomas Hartlieb, der eine Ölmühle in der Südsteiermark, in Heimschuh, betreibt. "Aussaat- und Erntezeiten haben sich deutlich verschoben." Kürbisse wurden in seiner Jugend noch frühestens im Mai, eher sogar Mitte Mai ausgesät, nun passiert das schon Mitte April. "Die Kürbisernte fand früher Mitte September bis Ende Oktober statt, letztes Jahr haben wir schon in der zweiten Augustwoche die ersten Kerne bekommen", sagt Thomas Hartlieb.

Doris Kollar-Lackner, Kürbisbäuerin in Kukmirn im Burgenland kann sich gar noch erinnern, dass die Kürbisernte so spät stattfand, dass man die Früchte erst in die Scheune bringen musste, damit sie dort auftauen können. Heuer wird sie in drei Wochen mit der Ernte beginnen. "Es wird keine Rekordernte, aber wir sind froh, dass wir überhaupt eine haben", sagt sie.

Kürbisse hassen nasse Füße

Erst vor eineinhalb Wochen sei der erlösende Regen gekommen – von dem dann aber bisweilen zu viel. "Der Kürbis mag keine nassen Füße. Niemand mag nasse Füße", sagt Doris Kollar-Lackner.

Etwas anders sieht es bei den Vertragsbauern der Ölmühle Hartlieb aus. Wegen der unterschiedlichen Böden auf den beiden Murseiten hatten die einen Glück, die anderen Pech. "Bei den Betrieben in unserer Gegend, also Heimschuh, im Talbecken und Saggautal erwarten wir eine durchschnittliche Ernte. ‚Enterscht‘ der Mur, in Eichfeld und der Murecker Gegend rechnen wir mit Einbußen von bis zu 50 Prozent."

Grund dafür sind neben dem Wetter die unterschiedlichen Böden. Die Schotterböden konnten die Feuchtigkeit der Regenfälle im Juni nicht lange genug halten, auf den schweren Böden kamen die Kürbisse besser durch den Sommer.

Durchschnittliche Ernte

Eine negative Auswirkung auf die Qualität der Kerne durch die klimatischen Veränderungen und die frühere Ernte sehen aber weder Doris Kollar-Lackner noch Thomas Hartlieb. Wirtschaftlich dürfte es für die Kürbisbauern, zumindest für jene, die eine durchschnittliche Ernte einfahren, ein gutes Jahr werden.

Auch Thomas Hartlieb glaubt an eine gute Entwicklung. "Der Markt wächst kontinuierlich, aber langsam." Zudem würden Webshops seit der Pandemie besser funktionieren, die Menschen außerdem lieber regional kaufen.

Was den Ölproduzenten und auch -verkäufern noch in die Hand spielt: Kürbiskerne lassen sich gut und lange lagern, und so fangen gute Jahre schlechte Jahre ein wenig auf. Die Kerne müssen sogar eine gewisse Zeit lagern, um ihr volles Aroma zu entwickeln.

Bis Dezember presst Doris Kollar-Lackner die Ernte des Vorjahres, damit die Kerne der aktuellen Saison ausreichend Zeit "zum Ohdischgariern" haben – was eigentlich absprechen heißt, womit aber in dem Fall abliegen gemeint ist.

Seit dem 15. Jahrhundert

In der steirischen Landwirtschaftskammer ist man in Sachen Kürbisernte noch angespannt: "Auch wenn unterm Strich beim steirischen Ölkürbis eine durchschnittliche Ernte erwartet wird, gibt es im Süden bereits Einbußen durch die Trockenheit. Und noch immer ist die Gefahr von Unwetter und Hagel nicht gebannt – deshalb ist es letztlich noch offen, wie die Ernte tatsächlich ausgeht", heißt es. Die 2100 Kernölproduzenten steuern jedenfalls rund 66 Prozent zum österreichischen Markt bei.

Der Aufwand, um das schwarze Öl zu produzieren, ist beachtlich: Für einen Liter Kürbiskernöl benötigt man. 2,5 bis 3 Kilo Kürbiskerne, dafür sind zwischen 30 bis 40 Kürbisse notwendig.

Cucurbita pepo varianta Styriaca

Der Kürbis kam Ende des 15. Jahrhunderts nach Europa, er ist einer der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Kernöl wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts produziert, und diese Spezialität ist seitdem eng mit der Steiermark verknüpft. Vor ungefähr 100 Jahren entdeckten steirische Landwirte den weichschaligen Kürbiskernmutanten.

In der Folge wurde der schalenlose steirische Kürbiskern – Cucurbita pepo varianta Styriaca – ausschließlich in der Steiermark kultiviert. Dieser spezielle Kürbiskern unterscheidet sich vor allem durch seine Inhaltsstoffe und durch die leichtere Verarbeitung. 1996 wurde dem steirischen Kürbiskernöl der EU-Herkunftsschutz zuerkannt.

Händisch werden Kürbiskerne heute fast nur noch von kleinen Kürbisbauern für die Eigenproduktion geputzt. Auf den großen Kürbisäckern ernten inzwischen Maschinen. (Guido Gluschitsch, Walter Müller, 13.8.2021)