Im Kampf gegen die Nutzung von fossilen Brennstoffen ist mittlerweile jedes Mittel recht. Und das ist auch gut so, schließlich braucht es eine Reihe von Ideen, um der Klimakrise Herr zu werden. Aber zugegeben, die Idee, Energie aus Abwasser zu gewinnen, klingt schon ungewöhnlich.

Aber keine Sorge, es ist nicht so, dass Sie in Zukunft Ihr Dreckwasser im Badezimmer auffangen müssen, um damit Ihre Waschmaschine zu betreiben. Das oberösterreichische Unternehmen Rabmer hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Abwasserenergie, also die Energie aus gebrauchtem Wasser, zum Heizen und Kühlen von Gebäuden genutzt werden kann.

Nein, Splinter kocht nicht etwas Deftiges für seine Jungs. Hier wird Energie aus gebrauchtem Wasser gewonnen.
Foto: Rabmer

Dabei wird mit sogenannten Wärmetauschern im öffentlichen Kanalnetz gearbeitet. "Diese Wärmetauscher holen die Energie aus dem Abwasser heraus, diese Temperatur im Wasser wird dann mittels Wärmepumpe ins Heizen im Winter und ins Kühlen im Sommer umgewandelt", erklärt Ulrike Rabmer-Koller, geschäftsführende Gesellschafterin des Unternehmens.

Hauptgrund dafür, dass aus Abwasser Energie gewonnen werden kann, ist, wie Rabmer-Koller bereits angesprochen hat, die Temperatur. Das Abwasser in Wien hat nämlich eine Durchschnittstemperatur von 16 Grad Celsius. Damit ist Abwasser ein wesentlich effizienterer Energieträger als Grundwasser oder Erdwärme. Energie, die bisher ungenutzt im Zuhause der Ninja Turtles verschwindet.

Für über 200 Haushalte

Doch nicht jedes Gebäude ist für diese Form der alternativen Energiegewinnung ausgelegt. In der Nähe, maximal 300 Meter entfernt, muss sich ein Kanal befinden, durch den mindestens zehn Liter Wasser in der Sekunde fließen. Das Abwasser darf nicht kälter als zehn Grad Celsius sein, und der Durchmesser muss mindestens 400 Millimeter betragen. Darunter fallen in Österreich, laut Rabmer, rund 14 Prozent des Gebäudebestands.

Eines dieser Gebäude ist die neue Wien-Kanal-Zentrale in Süd-Inzersdorf. Dieses 4.000 Quadratmeter große Gebäude für rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll bei der Inbetriebnahme zu hundert Prozent seinen Heiz- und Kühl bedarf mit Energie aus Abwasser decken. Und auch die bisherige Anlage, 4.900 Quadratmeter, 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erreicht "eine Einsparung von 65 Prozent der Heiz- und 100 Prozent der Kühlenergie", sagt Wien-Kanal-Direktor Andreas Ilmer. Beide Anlagen würden eine Energiemenge liefern, mit der über 200 Haushalte versorgt werden könnten.

Geplant sind aber noch viele weitere Gebäude. "Wir haben gerade erst eine Machbarkeitsstudie für ein Hotel durchgeführt, das zur Gänze dadurch geheizt und gekühlt werden soll", sagt Rabmer-Koller. Aber auch für neue Stadtquartiere, Shoppingcenter oder Fitness- und Sportzentren sei die Energierückgewinnung ideal. "Es braucht eine Mindestleistung von 50 bis 100 kW, ansonsten ist es nicht wirtschaftlich." Sprich, in einer Wohnanlage mache es bei einem Durchschnitt von 50 Quadratmeter pro Wohnung ab circa 40 Einheiten Sinn.

Darüber hinaus ist das System aber auch für die Einspeisung in Nah- und Fernwärmenetze einsetzbar. "Dann wird das Ganze natürlich auch für Einfamilienhäuser interessant", sagt Rabmer-Koller.

Das bessere Kühlen

Das Unternehmen beobachtet seit einigen Monaten einen steigenden Bedarf an Kühlleistung. Kein Wunder, mit immer heißer werdenden Sommertagen sind Klimaanlagen groß im Trend. Das Problem: Sie verbrauchen in der Regel eine Menge Strom und sind deswegen alles andere als ökologisch. "Deswegen ist das Kühlen aus Abwasser eine gute Alternative und die wesentlich umweltfreundlichere Möglichkeit."

Das Thema ist so weit etabliert, dass der Klima- und Energiefonds der österreichischen Bundesregierung Potenzial- und Machbarkeitsstudien mit bis zu 10.000 Euro fördert. Insgesamt sollen für das Programm rund eine Millionen Euro zur Verfügung stehen. (Thorben Pollerhof, 13.9.2021)