Das Amtsdeutsch, eine entfernt mit dem Deutschen verwandte Sprache, wird nirgends unterrichtet, ist aber das wichtigste Werkzeug des Beamten, insbesondere wenn er Jurist ist. Diejenigen, die es als überflüssiges Bürokratengeschwätz verunglimpfen, verkennen, dass es sich dabei um eine jener Geheimsprachen handelt, die unentbehrlich sind für alle Berufe, in denen nicht mit Bohrer oder Blechschere gearbeitet wird, sondern mit toten Zahlen oder Paragrafen: Was dem Buchhalter sein rätselhaftes Soll und Haben ist, ist dem Senatsrat die Amtsnachschau, die Bezugsaktenzahl und der Postenlauf.

Akten, die im wunderbaren Amtsdeutsch verfasst sind.
Foto: imago images/Thomas Frey

Aber der Reihe nach! Es ist schon lange an der Zeit, die Regeln der amtsdeutschen Grammatik zu ordnen und an passender Stelle, also hier, zu veröffentlichen.

Regel Nr 1:1 Der schlimmste Feind des Amtsdeutschen ist das Zeitwort, besonders das einfache. Einfache Zeitwörter sind verboten! Wer oder was auch immer ist nicht, sondern befindet sich, beziffert sich oder stellt dar. Schon Jesus sagte: Ich stelle die Auferstehung und das Leben dar. Auch hat man nicht, sondern verfügt über etwas, Lügen etwa über kurze Beine. Und würde Barack Obama – auch er bekanntlich früher Jurist im Staatsdienst – Amtsdeutsch sprechen, hätten wir niemals Yes, we can! gehört, siehe ganz oben. (Michael Rami, 18.8.2021)