"Ich mach mein Ding, nein, ich bin nicht deine Hausfrau", rappt die 22-jährige Eli Preiss auf ihrer Single Danke, Mami, und auch sonst ist klar: Von Männern lässt sie sich nicht viel sagen. Mit viel Coolness und Meinung auf eingängigen Beats und einer frischen Mischung aus Rap und Gesang könnte es ihr gelingen, die Deutschrap-Szene zu bereichern.

Eli Preiss

STANDARD: Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie das erste Mal von der Vergewaltigungsanschuldigung von Nika Irani gegen Samra (siehe Kasten unten) gehört haben?

Preiss: Ich war schockiert, aber nicht überrascht. Bereits die Texte und die Beschaffenheit der ganzen Szene machen so etwas leider vorstellbar. Ich habe gehofft, dass Irani Aufmerksamkeit bekommt und ernst genommen wird, damit die Menschen sich dieser Probleme bewusst werden.

STANDARD: Nicht jeder, der in seinen Texten sexuelle Gewalt verherrlicht, vergewaltigt jemanden. Gehören bereits solche Texte verboten?

Preiss: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Verbieten solcher Texte irgendwelche Probleme löst. In den Köpfen der Leute muss sich etwas ändern, und mit Zwang wird das nicht funktionieren.

STANDARD: Vorwürfe bezüglich sexueller Gewalt hat es in der Deutschrapszene bereits öfters gegeben, sie haben bisher aber zu keiner Bewegung geführt, die sich mit dem #DeutschrapMeToo-Movement vergleichen lässt. Wieso findet dieses Thema jetzt mehr Gehör als früher?

Preis: Bereits als Kind und Jugendliche wurde ich mit Catcalling auf der Straße konfrontiert, habe aber mit niemandem darüber geredet, weil ich das Gefühl hatte, ganz allein damit zu sein. Durch Social Media kann man sich nun viel leichter vernetzen, viel mehr Menschen sprechen öffentlich darüber. Durch die Vernetzung im Internet wissen wir, wie viele andere Frauen und auch einige Männer hinter uns stehen. So fühlt man sich viel stärker.

STANDARD: Sich nicht darüber sprechen zu trauen wird von Frauen oft damit begründet, dass Rapper und Labels mächtiger seien. Wie empfinden Sie das Machtgefälle in der Szene?

Preiss: Ein großes Problem ist die Verherrlichung des Rockstarlebens inklusive Groupies. Ich habe früher gemodelt, und es erinnert mich sehr stark an die Dynamik zwischen dem erfahrenen, älteren, beliebten Fotografen und dem naiven, vielleicht sogar minderjährigen Model. Es muss Rappern bewusst sein, dass es genug Mädels gibt, die zu ihnen hochschauen, sie auf ein Podest stellen. Diese Rapper dürfen ihre Machtposition nicht ausnützen.

Zum Videointerview mit Eli Preiss.
DER STANDARD

STANDARD: Welche Erfahrungen mit Sexismus haben Sie als Rapperin in der Szene selbst machen müssen?

Preiss: Ich musste doppelt so hart kämpfen, um den Respekt von meinen Kollegen zu bekommen, den Männer von vornherein haben. Meine Stimme wurde öfter überhört.

STANDARD: Wieso wollten Sie überhaupt ein Teil dieser Deutschrap-Szene sein, in der Sexismus so erfolgreich ist?

Preiss: Ja, ich rappe auf Deutsch, aber dieser spezifischen "Deutschrapszene" fühle ich mich nicht zugehörig. Ich möchte mich da keinesfalls einbauen und ein Teil davon werden. Ich bin dazu da, die Definition von Deutschrap zu erweitern und ändern.

STANDARD: Warum sind gerade jene Deutschrapper so erfolgreich, bei denen es stark um Materielles geht und Frauen oft nur als Objekte gesehen werden?

Preiss: Ich kann mir vorstellen, dass es Jungs eine Art von Bestätigung und Selbstbewusstsein gibt. Das sollte nicht so sein. Ich bin die Erste, die einen Song abdreht, bei dem ich mich wegen der Texte unwohl fühle.

STANDARD: Wie kann man für ein Umdenken sorgen?

Preiss: Männer, die frauenfeindlich sind, werden nicht auf Frauen hören. Es ist wichtig, gute Jungs zu erreichen, die diese Typen auf ihr Verhalten aufmerksam machen.

STANDARD: Was wünschen Sie sich für die Deutschrapszene und für die Frauen darin?

Preiss: Dass es nicht mehr so ein Kampf ist, sowohl im Studio als auch privat respektiert zu werden. Wichtig wäre mir, dass #DeutschrapMeToo nicht als Trend wahrgenommen wird, dass sich Leute nicht nur entschuldigen, um öffentlich gut dazustehen, sondern sie tatsächlich etwas ändern wollen. (INTERVIEW: Amira Ben Saoud, 13.8.2021)