Ex-Machthaber Omar al-Bashir vor einem Gericht in Khartum. Die Regierung will ihn in Den Haag sehen.

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Diesmal gibt es in Khartum einen Regierungsbeschluss und einen Gesetzesentwurf für den Beitritt des Sudan zum sogenannten "Römischen Statut": Das heißt, eine mögliche Auslieferung des früheren Machthabers Omar al-Bashir und zweier Ex-Minister an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC, International Criminal Court) nach Den Haag nimmt nun doch Gestalt an. Im Februar 2020 waren diesbezügliche Meldungen erstmals verbreitet worden, Aktionen waren nicht gefolgt.

Damals handelte es sich um eine mediale Überinterpretation der Aussage eines sudanesischen Offiziellen: Er hatte – typischerweise am Rande von Friedensverhandlungen mit Darfur-Rebellen – davon gesprochen, dass sich die mutmaßlichen Darfur-Kriegsverbrecher vor dem ICC zu verantworten hätten.

Gegen Omar al-Bashir, der den Sudan von 1989 bis zu seinem Sturz 2019 mit harter Hand regierte, wurden im Zusammenhang mit dem Darfur-Konflikt vom ICC 2009 und 2010 Haftbefehle ausgestellt. Laut Uno wurden in Darfur zwischen 2003 und 2008 etwa 300.000 Menschen getötet, 2,5 Millionen mussten flüchten. Im Oktober 2020 schloss die jetzige Führung im südsudanesischen Juba einen Friedensvertrag mit den Rebellen aus Darfur und anderen Regionen ab. Die Lage bleibt jedoch labil.

Chefankläger in Khartum

Der Regierungsbeschluss zur Auslieferung und zum ICC-Beitritt wurde am Mittwoch im Rahmen eines Besuchs des ICC-Chefanklägers, des Briten Karim Khan, in Khartum bekanntgegeben. Die weiteren Personen, deren Überstellung nach Den Haag ihm von der Regierung zugesagt wurde, sind Ex-Verteidigungsminister Abdelrahim Mohamed Hussein und Ahmed Haroun, der als Funktionär des Bashir-Regimes in etlichen Ämtern tätig war, unter anderem während des Darfur-Konflikts als Minister für Humanitäres.

In Den Haag befindet sich bereits ein früherer Führer der von den Darfuris gefürchteten Janjaweed-Reitermilizen: Ali Kushayb stellte sich im Juni 2020 in der Zentralafrikanischen Republik selbst. Im Juli 2021 wurde gegen ihn Anklage erhoben. Politisch ist er im Vergleich aber ein eher kleiner Fisch.

Einen möglichen Stolperstein bei den Auslieferungsplänen sprach Außenministerin Mariam al-Sadiq al-Mahdi, die die Entscheidung bekanntgab, implizit selbst an. Der Kabinettsbeschluss werde dem "Souveränen Rat", einer Art Präsidentschaft des Landes, präsentiert. Aber dessen Zustimmung sollte man nicht als gegeben ansehen.

Heimliche Nummer eins

Er wird von Militärs dominiert, und die Nummer zwei des "Rats", Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemeti, ist Kommandeur der RSF (Rapid Support Forces), die aus den Janjaweed-Milizen hervorgegangen sind. Er gilt als der eigentliche starke Mann, obwohl die Nummer eins General Abdelfattah Burhan ist.

Bisher war aus dem "Rat" immer nur von einer "Zusammenarbeit" mit dem ICC zu hören. So formulierte es am Mittwoch auch Generalstaatsanwalt Mubarak Mahmud in Khartum. Damit könnte auch ein vom ICC in den Sudan ausgelagertes oder ein hybrides ICC-sudanesisches Gericht gemeint sein.

In einer PKK am Donnerstagabend in Khartum zeigte sich ICC-Chefankläger Karim Khan abwartend: Er sei informiert worden, dass das Treffen zwischen Regierung und "Rat" nächste Woche angesetzt sei, "sehen wir, was es bringt". Die Entscheidung, ob und wie man mit dem Strafgerichtshof kooperiere, liege beim Sudan.

Omar al-Bashir wurde bereits wegen Korruption verurteilt, seit 2020 läuft ein Prozess wegen des Putsches im Jahr 1989. Dabei ist ein Todesurteil möglich. Das würde ihm in Den Haag nicht drohen.

Prozess wegen 1989

1989 stürzte Bashir die demokratisch gewählte Regierung von Al-Sadiq al-Mahdi. Der Chef der Umma-Partei, der im November 2020 verstarb, blieb der bedeutendste Oppositionelle während der Zeit des militärisch-islamistischen Bashir-Regimes. Außenministerin Mariam al-Sadiq al-Mahdi ist seine Tochter.

Zwischen der zivilen Regierung unter dem international angesehenen Premier Abdulla Hamdok und dem "Souveränen Rat" kommt es immer wieder zu Spannungen. Der Sudan hinkt in der Verwirklichung seines Übergangsfahrplans, der im August 2019 beschlossen wurde und dem Land innerhalb von drei Jahren Wahlen bringen sollte, hinterher.

Noch kein Parlament

So gibt es noch immer kein Übergangsparlament, das nicht nur vom "Verfassungsdokument" vom August 2019, sondern auch im Juba-Friedensabkommen verlangt wird. Anfang Juli wurde mit der Bildung begonnen, die eigentlich am 17. August, dem zweiten Jahrestag der Einigung von Militärs und Zivilisten auf ein Transitionsmodell, abgeschlossen sein sollte.

Nach dem Sturz Bashirs im April 2019 hatten die Militärs versucht, die Protestbewegung zum Schweigen zu bringen und die ganze Macht zu ergreifen. Erst nach weiteren Demonstrationen, die zum Teil mit Gewalt beantwortet wurden, waren sie zu einer gemeinsamen Übergangsverwaltung bereit. (Gudrun Harrer, 13.8.2021)