Der Wiener Musiker Harri Stojka lebt in seinem heißgeliebten Ottakring. Zu Hause ist für ihn der Ort, an dem er in der Badehose spazieren gehen kann. Er träumt davon, das eines Tages in Manhattan zu machen.

"Meine Frau, die Valerie, hat diese Kredenz von ihrer Oma übernommen. Die ist aus den Dreißigerjahren, ich mein die Küche, aber auch die Oma, und ich kann mich erinnern, dass ich in Floridsdorf in genau so einer Küche aufgewachsen bin. Damals war das Normalzustand, heute aber ist das eine Rarität.

Harri Stojka in seiner Omaküche in Wien-Ottakring: "Noch mehr Oma geht nicht."
Foto: Lisi Specht

Und dann haben wir noch einen super Holzofen, mit dem kann man kochen, vor allem aber auch heizen. Im Winter heizen wir damit durch, und das ist die schönste Wärme, die man sich nur vorstellen kann. Du weißt ja, ich bin Rom, und das Allerschönste ist, dass mich der Ofen an meine Oma erinnert, weil die so etwas in der Art in ihrem Wohnwagen stehen hatte. Und so finden unsere Großmütter hier also zusammen. Das ist eine richtige Omaküche. Noch mehr Oma geht nicht.

Dass das alles so ausschaut, ist meiner Frau, der Valerie, zu verdanken. Sie ist diejenige, die das Händchen fürs Schöne hat, die sich um Möbel und Einrichtung kümmert, die der Wohnung überhaupt erst eine Ästhetik verleiht. Und wenn ich meine Frau die Pflanzen gießen seh, spätestens dann weiß ich: Das würd ich mir nie und nimmer antun! Wenn ich eine Wohnung einrichten müsste, dann wär sie einfach nur funktionell. Die Wohnung wäre weiß, praktisch und ziemlich nackert, so wie ein Künstleratelier halt. Ich bin ein irrsinnig bescheidener Mensch, wer mich kennt, der weiß das. Und so denk ich mir: Was da ist, ist da, und was nicht da ist, ist halt nicht da. Es gibt Sachen, die muss ich nicht haben. Das passt schon so.

Harri Stojkas Frau Valerie kümmert sich um Möbel und Einrichtung: "Sie ist diejenige, die das Händchen fürs Schöne hat, die der Wohnung überhaupt erst eine Ästhetik verleiht."
Fotos: Lisi Specht

Das Haus liegt im 16. Bezirk, mitten in meinem heißgeliebten Ottakring, und ist echt gut gepflegt. Es gehört der Familie meiner Frau. Valerie und meine Schwiegermutter setzen sich dafür ein, die Schönheit zu erhalten, weil sie das einfach zu schätzen wissen. Wie du dir ja nach den paar Minuten, wo wir uns schon so gut kennen, vorstellen kannst, könnte meine Frau ja niemals in einem Neubau wohnen. Für mich wär das schon okay. Mir gfallt, dass in Neubauten das Stiegenhaus immer beheizt ist. Ja, so bin ich halt.

Ich hab früher auch schon in Bezirken gewohnt, wo’s nicht so angenehm war für mich, aber hier in Ottakring ist das Leben einfach cool. Das ist ein Treiben und ein Miteinander, es gibt sowohl eine starke Migrantenszene als auch eine urige Wiener Szene mit der Tschauner Bühne ums Eck, mit der 10er-Marie und mit vielen, vielen Heurigen rundherum. Ich liebe die Heurigen und ihre Musik.

Ich bin viel unterwegs, und ich sag dir mal, wie das so funktioniert: Ich hör ein Motorengeräusch vorm Fenster, und meine Frau Valerie, die zugleich auch meine Managerin ist, sagt: ‚Komm runter!‘ Ich steig dann in irgendein Gefährt rein, steig nach ein paar Stunden auf irgendeine Bühne rauf, frag dazwischen: ‚Valerie, wo bin ich? Was soll ich den Leuten sagen?‘, steig nach dem Konzert wieder ins Auto, fahr ins Hotel und fahr am nächsten Tag wieder zurück nach Wien.

"Hier in Ottakring ist das Leben einfach cool", sagt Harri Stojka.
Fotos: Lisi Specht

Und daher mag ich mein Zuhause. Na wirklich! Das ist der Ort, an dem ich den ganzen Tag mit der Badehose rumgehen und die Füße auf den Tisch legen kann, ohne dass mich irgendwer schief anschaut. Das ist der Ort, an dem auch mal ein Teller fliegt und dann in Scherben auf dem Boden liegen bleibt, weil’s mich grad nicht freut aufzuräumen. Man kann zu Hause einfach mehr man selbst sein als draußen in der freien Natur. Ich mein, ich bin immer eins zu eins der Harri, aber daheim bin ich halt noch ein bissl eins zu einser ich selbst.

Weißt, wo ich mich am meisten wie ich selbst fühl? Das ist in Manhattan. Ich mein, wenn’s nach mir gehen würd, dann möcht ich in Manhattan leben. Es gibt nix Geileres als Manhattan, irgendwo zwischen Midtown und Greenwich Village, da fühl ich mich voll daheim. Allein schon, wenn ich dran denk, dann glitzern schon die Lichter und Werbereklamen in meinen Pupillen. Oh, wie gern würd ich eines Tages mal sagen: Valerie, packma die Koffer, auf nach Manhattan!" (16.8.2021)