Der Doktor reitet ins Rot-Weiß-Rot – Valentino Rossi fährt seinen zehnten und letzten Grand Prix in Österreich.

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Valentino Rossi (42) und der Red Bull Ring, vormals Österreich- und A1-Ring, das ist nicht unbedingt eine Liebesbeziehung, und das nicht nur, weil der Italiener im Vorjahr den Beistand der versammelten Schutzengelschar benötigt hatte, um im Grand Prix von Österreich als Unbeteiligter eines Horrorcrashs nicht von einem durch die Luft fliegenden Motorrad erschlagen zu werden.

In Spielberg konnte der Sieger von 115 Großen Preisen, die diesbezügliche Nummer zwei hinter dem ebenso unsterblichen Giacomo Agostini (122), nie gewinnen.

Es bleibt beim Versuch

Auch im zehnten und letzten Antreten am Sonntag (14 Uhr/ServusTV), Rossis 425. Grand Prix, wird es beim Versuch bleiben. Der Dottore, der im Vorfeld des GP der Steiermark am vergangenen Sonntag seinen Rücktritt mit Saisonende verkündet hatte, zählt nicht zum alten Eisen, aber er und sein Eisen, die YZR-M1 des Teams Sepang Racing, sind zusammen nicht mehr heiß genug, um ein Rennen der MotoGP zu gewinnen.

Der letzte Sieg des neunmaligen Weltmeisters aus Urbino ist schon gut vier Jahre her (Assen, 2017). Zum letzten Mal Weltmeister war Rossi 2009, da schienen Agostinis 15 Titel nicht außer Reichweite zu sein. In Österreich – allerdings auf dem Autobahnabschnitt Salzburg–Anif– Grödig und auf dem Salzburgring – hat der mittlerweile 79-Jährige sieben Siege gefeiert, dreimal gelangen ihm in einem Jahr Triumphe in den Klassen bis 350 und 500 Kubikzentimeter. Rossi war in Spielberg 1997 auf dem Weg zu seinem ersten Titel als Zweiter in der Klasse bis 125 Kubikzentimeter nahe dran. Im Jahr davor bestieg er als Dritter in Spielberg immerhin sein erstes Podest.

Zuletzt litt Agostini mit. "Ich bin traurig, Valentino Rossi so zu sehen, ohne eine Chance zu gewinnen", sagte der Lombarde Ende Mai der spanischen Sportzeitung AS. Vor einer Woche wurde das Ende des Leidens zumindest absehbar. "Ich habe entschieden, am Ende der Saison aufzuhören. Es ist schwierig, ein sehr trauriger Moment", sagte Rossi in einer Pressekonferenz vor dem GP der Steiermark, in dem er als 13. immerhin punkten sollte.

Einer starken Vorstellung des Doktors hätte es gar nicht bedurft, um die Fan-Massen zu mobilisieren. 45.000 Zuschauer waren am vergangenen Sonntag zum Ersatzrennen für den Grand Prix von Finnland gekommen, zum angestammten Termin sollten es deutlich mehr sein. Die wegen Corona nicht nutzbaren Tickets des Vorjahrs behielten ihre Gültigkeit, 2019, ganz ohne Beschränkungen, wurden am Spielberg-Wochenende nahezu 200.000 Zuseher gezählt.

Geschwindigkeitswahn

Nicht nur Rossis letzter Ritt in Österreich lockt. Der Red Bull Ring ist nur noch einmal die schnellste MotoGP-Strecke der Welt. Aufgrund der vergangenen Unfälle vor allem in Kurve drei – vor einer Woche brannte es dort lichterloh, nachdem der Italiener Lorenzo Savadori in die auf der Strecke liegende Maschine des Spaniers Dani Pedrosa gekracht war und sich dabei den Knöchel gebrochen hatte – wird im Winter groß umgebaut. Im Bereich der Kurve zwei wird für die Motorräder eine eigene Links-rechts-Passage asphaltiert, die die Originallinie kreuzt und etwa von der Formel 1 nicht in Anspruch genommen werden soll.

Am Freitag begann im freien Training folgerichtig die Jagd auf einen Rundenrekord für die Ewigkeit. Der Franzose Johann Zarco peitschte seine Ducati innert 1:22,827 Minuten über die 4,3 Kilometer lange, hügelige Runde – Schnitt: 187,6 km/h. Damit war Zarco schneller als sein spanischer Markenkollege Jorge Martin eine Woche zuvor bei seiner Runde zur Pole-Position, auf die dessen Premierensieg folgte. Zarco kam im Training auf eine Höchstgeschwindigkeit von 316,7 km/h. Altmeisters Rossi markierte ein paar Zehntel abseits des Wahnsinns die 14. Rundenzeit.

Im Qualifying am Samstag sicherte sich Martin in letzter Sekunde die Pole. Rossi schaffte es nur auf Startplatz 18. (Sigi Lützow, 13.8.2021)