Die große Mehrheit der Befragten outet sich innerhalb der ersten zwölf Monate im Job – oder überhaupt nie.

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Fast ein Viertel der LGBTQI-Personen empfinden ihr Outing am Arbeitsplatz immer noch als Nachteil, unter allen Beschäftigten ist es knapp ein Fünftel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group unter 8.800 Personen in 19 Ländern weltweit, darunter auch mehr als 230 Personen in Österreich. Befragt wurden sowohl Personen der LGBTQI-Community als auch Beschäftigte, die nicht dieser Gruppe angehören. Insgesamt denken mehr als die Hälfte der Befragten, ein Outing habe weder einen negativen noch einen positiven Einfluss auf die Arbeit.

Eine weitere Erkenntnis der Umfrage ist, dass das erste Jahr der Beschäftigung für LGBTQI-Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung ist. Denn die große Mehrheit outet sich in diesem Zeitraum – oder wahrscheinlich überhaupt nie. Insgesamt gaben sieben von zehn der LGBTQI-Befragten an, dass sie sich während des Einstellungsverfahrens oder innerhalb der ersten zwölf Monate nach Arbeitsantritt geoutet haben. Nur eine von zehn befragten Personen hat sich nach dem ersten Jahr geoutet, und die restlichen zwei blieben im Verborgenen.

Diskriminierung im Job

Insgesamt outen sich LGBTQI-Personen eher im Privatleben als am Arbeitsplatz. In Österreich trifft das ganz besonders zu: 42 Prozent halten ihre LGBTQI-Identität gegenüber Kollegen geheim – im Vergleich zu 25 Prozent im globalen Schnitt. Das ist der zweithöchste Wert unter den untersuchten Nationen nach Indien (59 Prozent) und vor China (38 Prozent).

Die Hälfte der LGBTQI-Personen in Österreich hat bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt. Im globalen Schnitt sind es sogar sechs von zehn Personen. Am meisten betroffen sind Personen in Brasilien (78 Prozent), Indien (75 Prozent) und Mexiko (74 Prozent). Die Diskriminierungserfahrungen spielen sich dabei häufig auf der sozialen Ebene ab, zum Beispiel in Form von diskriminierenden Aussagen (28 Prozent), Ausgrenzung (elf Prozent) oder Mobbing (acht Prozent). Doch auch karrierebezogene Diskriminierung durch weniger Lohn oder Anerkennung sowie sexuelle Belästigung und körperliche Gewalt haben einige Betroffene schon erlebt.

Offenes Arbeitsumfeld

Dennoch hat ein Outing in der Firma laut der Umfrage viele Vorteile. Denn LGBTQI-Mitarbeiter, die sich am Arbeitsplatz outen, haben mehr Selbstvertrauen, äußern ihre Meinung öfter und können mehr enge Freundschaften im Unternehmen aufbauen – das gilt auch für Personen, die Diskriminierung im Job erfahren haben. Das führe insgesamt zu einer produktiveren Teamarbeit und einer geringeren Mitarbeiterfluktuation.

Die Studienautoren sehen daher vor allem die Firmen in der Pflicht, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich Beschäftigte wohl und sicher fühlen. Vor allem LGBTQI-freundliche Initiativen sorgen dafür, dass am Arbeitsplatz ein offener Umgang gelebt wird. Gibt es im Unternehmen derartige Initiativen, verringert sich die Zahl der LGBTQI-Personen, die ihre sexuelle Orientierung verborgen halten, auf die Hälfte. Das ist auch in Österreich so: Ohne Initiativen outen sich sechs von zehn Personen nicht. Gibt es solche Initiativen, outen sich nur drei von zehn Personen nicht. (dang, 17.8.2021)