Vor allem die Rücksendung von Waren ist alles andere als klimaeffizient.

Foto: APA/AFP/NOEL CELIS

Ob neues Geschirr, Elektrogeräte oder mittlerweile sogar der Lebensmitteleinkauf: Immer mehr verdrängen Onlinebestellungen den stationären Handel. Gerade durch die Pandemie hat sich dieser Trend noch weiter intensiviert. Der heimischen Wirtschaft ist das häufig ein Dorn im Auge, denn der bei weitem populärste Onlinehändler ist Amazon. Und nebst der Überlegung, ob man lieber regional einkaufen sollte, kommt auch jene des Klimaschutzes dazu. Bei der Frage, ob es klimaschädlicher ist, stationär einzukaufen oder zu bestellen, lautet die Antwort wie so oft: Es kommt drauf an. Entscheidend sei, wo man die Grenze der Betrachtung ziehe, sagt Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt auf STANDARD-Anfrage. "Es macht einen großen Unterschied, ob man bei dem Vergleich die Emissionen für den Transport der Produkte berücksichtigt." Werden energieintensiv produzierte Waren weit transportiert, vor allem mit dem Flugzeug, seien die Emissionen im Onlinehandel wie auch im stationären Handel hoch.

Onlinehandel siegt gegen Autoverkehr

Wichtig sei auch, wie sich die Konsumentinnen und Konsumenten verhalten, sowohl im Umgang mit den Waren – etwa beim Bestellen und Retournieren – als auch bei der Wahl der Verkehrsmittel. "Studien zeigen, dass der Onlinehandel weniger klimaschädliche Emissionen verursacht als der stationäre Handel, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten mit dem eigenen Auto zum Geschäft fahren."

Wenn sie für die Anreise das Rad oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen, falle dieser Klimavorteil des Onlinehandels hingegen deutlich geringer aus. "Welche Emissionen Onlinehandel und stationärer Handel verursachen, hängt zudem stark von der Logistik der Warenanlieferung ab." Generell würden aktuelle wissenschaftliche Studien aber zeigen, dass durch den Onlinehandel die Transportmengen und der Energieeinsatz eher zunehmen.

Logistik optimieren

Ein zentraler Hebel, um Emissionen zu reduzieren, sei die Warenlogistik. Gefragt seien daher Lösungen, die Fahrten bündeln, sodass Transportvorgänge möglichst effizient organisiert werden. "Ebenso entscheidend ist die Qualität der eingesetzten Transportmittel", sagt Lichtblau und verweist etwa auf E-Mobilität.

Dazu käme auch der Energieeinsatz im stationären Geschäft, etwa Heizungen und Kühlungen, der online wegfalle. "Dem gegenüber führt der Onlinehandel zu vermehrten Rücksendungen, was wiederum die Transportleistung und den Energieeinsatz erhöht." Gerade bei Kleidung werden Produkte häufig zurückgeschickt, was der Umweltbilanz enorm schadet.

Keine Vorgaben

Auf Nachfrage erklärt Lichtblau, dass es aktuell keine rechtlichen Vorgaben für eine klimafreundliche Logistik gebe. "Wichtig ist es daher, zugrundeliegende Klimadaten transparent zu erheben und die entsprechenden Emissionsmengen – auch am Produkt – bekanntzugeben." Auf diese Weise könnten Unternehmen Konsumenten eine Entscheidungsgrundlage bieten, um bewusst bei umweltfreundlichen Händlern einzukaufen.

Er empfiehlt zudem, das im Preis widerzuspiegeln: "Wenn sich die Umweltbelastungen, die von Produkten und Dienstleistungen ausgehen, auch im Preis niederschlagen, werden sich umweltfreundliche Angebote besser rechnen und durchsetzen", so Lichtblau.

Unternehmen haben Spielraum

Unternehmen könnten durch ihr Verhalten die Klimaneutralität entscheidend beeinflussen. "Das betrifft die Standortwahl des Unternehmens, die Wahl des Vertriebssystems und auch die Umweltperformance der eingesetzten Technologie, etwa im Transportbereich", sagt Lichtblau. Derzeit gebe es allerdings keine Bestimmungen dafür, solche Zahlen zu publizieren. Jedoch würden sich immer mehr Unternehmen der Thematik annähern, auch weil Konsumenten klimabewusster agieren. "Letztlich muss es sich aber auch rechnen, umweltfreundlich zu agieren", weshalb transparente Preise für hervorgerufene Umweltbelastungen wesentlich seien.

Der Handel hätte selbst viel Spielraum. Das beginne schon beim Angebot: "Regionale Produkte punkten meist mit einer besseren Umweltperformance und sind daher weit gereisten vorzuziehen." Die Logistik könne einerseits durch umweltfreundliche Transportmittel und eine höhere Auslastung der Fahrzeuge optimiert werden. "Vor allem in Städten bietet sich dafür die Elektromobilität, auch in Form von Lastenrädern, an."

Auch Konsumenten entscheiden

Doch auch Käuferinnen und Käufer haben, wenngleich mit Einschränkungen, Handlungsmöglichkeiten. Etwa empfiehlt es sich, regionale und saisonale Waren zu bevorzugen, wenn bestellt wird. Lichtblau legt zudem nahe, Händler zu bevorzugen, die Umweltaspekte und Lösungen kommunizieren. Und: "Vor allem sollte man auch nur das bestellen, was tatsächlich benötigt und behalten wird", sagt der Experte. (muz, 17.8.2021)