Der grüne Vizekanzler Werner Kogler ließ vor seinem "Sommergespräch" im ORF mit einer Ankündigung aufhorchen: Mit Jahreswechsel soll ein Kernstück der ökosozialen Steuerreform Realität werden.

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Einen "Abzockangriff auf die Mobilität der Österreicher" witterte am Montag die FPÖ, "substanzlose Ankündigungspolitik", kritisierten die Neos. Es werde ein "Jahrhundertprojekt", gab sich hingegen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zuvor euphorisch. Kurz vor seinem ORF- "Sommergespräch" am Montagabend ließ Kogler aufhorchen: Er nannte ein Datum für die nächsten Schritte der ökosozialen Steuerreform und die bereits im Regierungsprogramm von Türkis-Grün angekündigte Besteuerung von CO2-Emissionen. Diese soll laut Kogler schon ab dem Jahreswechsel schrittweise eingeführt werden, wie er der "Krone" erklärte. Demnach sei bereits fixiert, "dass mit 1. Jänner der schrittweise Einstieg in die CO2-Bepreisung" komme und im Zuge dessen "auch die Entlastung".

Die Entlastungen, die laut Kogler Anfang 2022 kommen, sollen vor allem jene mit niedrigeren Einkommen aufatmen lassen. Dann sollen nämlich die Lohn- und Einkommenssteuersätze gesenkt werden. Vor allem die Abgaben bei den kleinen und mittleren Einkommen müssten künftig abnehmen, sagte der Vizekanzler. Auch sei eine Senkung der Lohnnebenkosten geplant – die Summe, die dem Staatshaushalt durch diese Maßnahmen entfällt, könnte man allerdings aus dem Bundesbudget ersetzen. Unter dem Strich werde jedenfalls "mehr Entlastung da sein, als auf der anderen Seite durch den CO2-Preis hereinkommt, und zwar zu jedem Zeitpunkt".

Modelle werden evaluiert

Das Wann ist also klar, nur das Wie ist noch völlig offen. Denn die Details müssen noch geklärt werden. Schließlich laufen aktuell die Verhandlungen innerhalb der türkis-grünen Koalition. Derzeit würden noch unterschiedliche Modelle diskutiert, heißt es auf STANDARD-Anfrage aus dem Büro des Vizekanzlers. Ein besonderer Blick liege dabei auf Beispielen bereits umgesetzter Steuerreformen innerhalb Europas – beispielsweise jene in Deutschland, der Schweiz und skandinavischen Ländern würden auch in die österreichischen Überlegungen einfließen. Einen Favoriten gebe es aber nicht, denn: "Jedes Land hat andere Herausforderungen." Viel mehr wolle man sich an der "Best Practice" der verschiedenen Modelle orientieren.

Das Regierungsprogramm sieht jedenfalls einige konkrete "steuerlich-ökologische Maßnahmen" vor. Darunter die "Ökologisierung der bestehenden Lkw-Maut" oder die "Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit" der Pendlerpauschale. Andere Punkte, die im Zuge der ökosozialen Steuerreform von der Koalition geplant waren, sind bereits abgehakt, wie man im Büro Kogler betont. Die ersten Schritte seien etwa mit der Senkung der Lohnsteuern bei den untersten Einkommen und der Reform der Normverbrauchsabgabe (NoVA) gesetzt worden.

Ebenso hat die Regierung die geplante Reform der Flugticketabgabe bereits beschlossen – betrug diese früher noch 3,50 Euro für Kurzstreckenflüge, 7,50 Euro für Mittelstreckenflüge und 17,50 Euro für Langstreckenflüge, liegt die Abgabe mittlerweile einheitlich bei zwölf Euro – egal, wie weit es weggeht.

Zu wenig, zu langsam

Den Neos ist das alles zu wenig: "Vier Monate vor dem geplanten Inkrafttreten steht von der größten Reform, die diese Regierung versprochen hat, genau nichts", heißt es in einer gemeinsamen Aussendung von Wirtschaftssprecher Gerald Loacker und Klimasprecher Michael Bernhard.

Mit der höheren NoVA und höheren Ökostrombeiträgen seien lediglich Belastungen gekommen. "Die Entlastung im Gegenzug fehlt bisher völlig", sagte Loacker. Die Regierung müsse nun "rasch" einen Vorschlag vorlegen, der dann breit diskutiert werde: "CO2 muss einen Preis bekommen, und im Gegenzug müssen die Steuern auf Arbeit massiv gesenkt werden", sagte Bernhard.

"Mit einer CO2-Besteuerung und steigenden Spritpreisen wird die gerade auf dem Land oft alternativlose Fahrt mit dem Pkw zum Arbeitsplatz für unzählige Pendler unleistbar", kritisierte hingegen der blaue Verkehrssprecher Christian Hafenecker. Er erwartet aufgrund steigender Transportkosten eine "allgemeine Teuerungswelle".

Reform in Milliardenhöhe

Wie hoch schlussendlich das Gesamtvolumen der Steuerreform sein wird, ist übrigens ebenfalls offen, heißt es aus Koglers Büro. Nur so viel: Es gehe um eine Milliardenhöhe – sonst wäre es ja auch keine Jahrhundertreform.

Eine Ziffer nannte zuletzt die Umweltschutzorganisation Global 2000. Das Volumen einer ökosozialen Steuerreform müsse laut der NGO fünf bis sieben Milliarden Euro betragen, hieß es in einer Kalkulation. Zudem setzt sich die Umweltorganisation für einen Ökobonus für alle Haushalte ein, der sich aus einer CO2-Bepreisung finanziert.

Und auch Greenpeace forderte in einer Reaktion auf den Bericht des Weltklimarats, "schleunigst ein umfassendes und ambitioniertes Klimaschutzgesetz sowie eine sozial abgefederte ökosoziale Steuerreform umzusetzen". (ook, 16.8.2021)