Die Wiener Einwanderungsbehörde gerät einmal mehr in Kritik: Anfragen würden oft schlicht ignoriert, erzählt ein Mitarbeiter.

Foto: Regine Hendrich

Ab 13 Uhr könne man sich telefonisch beim zuständigen Referenten erkundigen: Das steht auf jedem Schriftstück, das die Wiener Magistratsabteilung 35 verschickt. Tatsächlich läute das Telefon den ganzen Tag, erzählt ein Mitarbeiter: "Abgehoben wird so gut wie nie."

Diesen Einblick eröffnet hat der auf Anonymität bedachte Bedienstete in einem Bericht des Ö1-"Morgenjournals". Die Belegschaft der MA 35 habe schlicht Angst, mit einer hilfreichen Antwort einen Dominoeffekt in Gang zu setzen: Erhalte ein Antragsteller eine Auskunft, spreche sich das blitzschnell herum. Am nächsten Tag sei das Amt dann voll – und die Behörde erst recht überlastet.

Corona verschärfte Situation

Zuständig ist die MA 35 für Einwanderungsangelegenheiten. Wie auch der STANDARD berichtete, setzt es seit Jahren Kritik an schlechter Erreichbarkeit, langer Verfahrensdauer und überforderten Beamten. Die Corona-Krise, die persönlich gestellte Anträge zwischenzeitlich unmöglich machte, hat die Situation noch einmal verschärft,

Das bestätigt der Ö1-Gewährsmann. Es komme vor, dass in der Früh 450 neue E-Mails im Postfach warten. "Wenn Sie einen guten Tag haben und vielleicht Überstunden machen, können sie 120 abarbeiten", berichtet er: Da passiere es, dass manche Anträge nicht einmal registriert würden. Viele Kollegen landeten im Burnout, andere flüchteten in andere Magistratsabteilungen.

Neue Mitarbeiter versprochen

Politisch geerbt hat die Probleme Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr von den Neos, die im vergangenen Herbst in eine Regierung mit der Bürgermeisterpartei SPÖ eingetreten sind. Sein Büro verweist auf einen im Mai gestarteten Reformprozess: Geplant seien ein Telefonservicecenter sowie 50 neue Mitarbeiter, von denen 25 bereits ihren Dienst angetreten hätten. Außerdem gebe es eine Stelle für Beschwerden und Anliegenmanagement.

Nach wie vor bekämen Menschen, die ihre Anliegen schon vor Wochen deponiert haben, weder per E-Mail noch per Telefon Antwort, berichtet jedoch der anonyme Mitarbeiter, der sich vor allem um Anträge von türkischen und serbischen Staatsbürgern auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zu kümmern habe. Er verstehe, dass die Menschen Druck machten: Schließlich hingen von den Dokumenten Jobs und staatliche Leistungen ab. (red, 17.8.2021)