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Städtische Betonwüsten sollen dank intelligenter Maßnahmen neu erblühen. Die Lebensräume sollen das Wohlbefinden der Menschen stärker in den Mittelpunkt stellen.

Foto: Picturedesk.com / dpa / Frank Rumpenhorst

Städte sollen grüner werden. Doch das ist leichter gesagt als getan. Bei den beschränkten Möglichkeiten, die eine Stadt mit ihrem komplexen Gemenge an Infrastrukturen bietet, darf es kein beliebiges "Grün" sein. Die Maßnahmen müssen durchdacht sein und eine Reihe von Funktionen erfüllen, etwa was Biodiversität, die Abmilderung von Klimawandelfolgen, Wassermanagement oder soziale Gerechtigkeit betrifft. In der Maschinerie einer Stadt muss auch der Einsatz der Natur optimiert sein.

Rund um dieses Thema wurden im Forschungsfeld der sogenannten Nature Based Solutions bereits vielfältige Ansätze entwickelt. Herausforderungen im Zusammenhang mit Klimawandel oder Wassersicherheit sollen dabei nachhaltig und mit den Mitteln, die die Natur selbst bereitstellt, gelöst werden.

Auch das kürzlich abgeschlossene EU-Projekt Naturvation hat sich mit den naturbasierten Lösungen und ihrer Anwendung im städtischen Umfeld beschäftigt. 14 europäische Institutionen, koordiniert von der Durham University in Großbritannien, haben dabei Konzepte entwickelt, die urbane Nachhaltigkeit und das Wohlbefinden der Menschen in ihren Städten fördern sollen. Unter den Projektpartnern ist auch die seit 2019 in Wien ansässige private Central European University (CEU).

Anschauliche Auswirkungen

Ein Ergebnis des Projekts ist das Online-Tool Urban Nature Explorer, das die einschlägige Forschung zu naturbasierten Lösungen in Städten in Algorithmen abbildet. Planungsprozesse sollen damit unterstützt und die Auswirkungen plastisch vor Augen geführt werden. "Das Werkzeug soll als Plattform dienen, die interessierten Bürgern dabei hilft, sich über die Entwicklung ihres Umfelds auszutauschen", sagt László Pintér, Leiter des Departments of Environmental Sciences and Policy der CEU.

Der Ansatz vereint ein technisches Planungstool mit einem zugänglichen, spielerischen Ansatz, der der bekannten Städtebausimulation Simcity ähnelt. Wie dort wählt man aus verschiedenen Baumöglichkeiten, um sie auf einer Übersichtskarte zu platzieren.

Anstelle von Kraftwerken, Straßen, Industrie- oder Wohngebieten sind es hier aber Teiche, Blumenwiesen, Parks, begrünte Dächer, Bienenstöcke oder Oberflächen, die ein Versickern von Regenwasser zulassen.

Stadteinflüsse

Jede Maßnahme hat dabei Einfluss auf verschiedene Nachhaltigkeitsparameter, von der Menge an Kohlenstoff, die gespeichert werden kann, über die durchschnittliche Tagestemperatur bis zum Überschwemmungsrisiko und der Reduzierung von Extremereignissen. "Wenn man in einem komplexen System wie jenem einer Stadt interveniert, hat das Folgen verschiedenster Art", sagt Pintér. "Wir versuchen, diesen Impact abzubilden. Eine Community kann damit etwa überprüfen, wie sie ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen kann."

In die Entwicklung des Simulationstools, das nun als Prototyp mit einem Szenario aus der ungarischen Stadt Győr vorliegt, flossen Erfahrungen aus einem weiteren Naturvation-Arbeitspaket ein: In einem Urban Nature Atlas sammelte das Projektteam bereits über 1000 Beispiele erfolgreicher Urban-Nature-Maßnahmen in Europa – für Pintér ist es die umfangreichste und detaillierteste Sammlung dieser Art weltweit.

Österreich ist darin allerdings bis dato nicht vertreten. Bis zum UN-Klimagipfel in Glasgow im November, auf dem die Ansätze propagiert werden sollen, wird der Atlas gemeinsam mit der British Academy um weitere 100 außereuropäische Beispiele erweitert.

Erste konkrete Anwendung

Eine erste konkrete Anwendung soll der Urban Nature Explorer, der gemeinsam mit weiteren Projektarbeiten im Rahmen eines Start-ups weiterleben soll, beim Aufbau des neuen Standorts von Pintérs Universität finden – denn die CEU soll in den nächsten Jahren in die Otto-Wagner-Bauten auf dem Steinhof-Areal im 14. Wiener Bezirk einziehen.

"Für uns ist das eine interessante Gelegenheit, um eine maßgeschneiderte Version zu entwickeln. Das Areal ist Weltkulturerbe, man muss vorsichtig damit umgehen. Gleichzeitig gibt es viele Interessengruppen, die sich fragen, was die Umwandlung in eine Universität mit sich bringen wird", sagt Pintér. "Zudem ist es zwar bereits sehr grün hier, aber auch sehr homogen. Viele sagen, sie könnten sich bei Bepflanzung und Feuchtzonen mehr Diversität vorstellen." (Alois Pumhösel, 18.8.2021)