Mehr Zeit für die Kinder und fehlende Betreuungseinrichtungen sind die am häufigsten genannten Gründe für Teilzeitarbeit.

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Die Gründe mögen vielfältig sein. Trotzdem verwundern die Ergebnisse einer repräsentativen Studie rund um das Thema Teilzeitarbeit in Österreich, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Integral, auch die Auftraggeber – und damit den Katholischen Familienverband – teilweise selbst.

Denn in der Umfrage lassen knapp 80 Prozent der Berufstätigen in Teilzeitberufen verlauten, dass sie keine Aufstockung der Stunden wollen. "Das ist insofern überraschend, da immer wieder suggeriert wird, dass Teilzeit vielfach ungewollt ist", sagt Barbara Fruhwürth, Sprecherin des Katholischen Familienverbands. Dem sei allerdings ganz und gar nicht so. Diesen Schluss lassen zumindest die Antworten der 1500 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer im Alter von 16 bis 69 Jahren zu.

Ein Überblick: 26 Prozent der Befragten arbeiten in Teilzeit durchschnittlich 20 Stunden pro Woche. Nicht einmal die Hälfte davon – nämlich 43 Prozent – haben Kinder unter 14 Jahren und somit Betreuungspflichten. Dahinter reihen sich aber durchaus mehr Gründe, die für die Befragten gegen eine 40-Stunden-Woche sprechen: eine ausgeglichene Work-Life-Balance, Zeit für sich selbst und schlicht und ergreifend, nicht Vollzeit arbeiten zu wollen. Erst danach werden auch gesundheitliche Gründe genannt.

Teilzeit unter Druck

Doch zurück zu den Kinderbetreuungspflichten. Hier widerspreche laut Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbands, vor allem die Gewichtung der Argumente, die für eine Teilzeitbeschäftigung sprechen, dem öffentlich stattfindenden Diskurs. Denn unflexibles, qualitativ schlechtes oder auch zu teures Betreuungsangebot sind zwar wichtige Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung, liegen mit 26 und 25 Prozent allerdings weit abgeschlagen hinter dem wichtigsten Grund: 74 Prozent der Eltern wollen schlicht "Zeit für ihre Kinder haben".

An dieser Stelle hakt Trendl noch einmal nach: "Die Umfrage macht deutlich, dass der quantitative Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen allein nicht das Allheilmittel ist." Er fordert, dass die Politik dem Wunsch der Eltern, in Teilzeit zu arbeiten, nachkommt und die Weichen dafür stellt. Denn anstatt "den Erziehungsauftrag der Eltern ernst zu nehmen und diese mit den Kindern in Ruhe zu lassen", werde Druck ausgeübt, um sie in eine Vollzeitbeschäftigung zu zwingen.

Armutsfalle Pension

Besonders in den Fokus rückt Trendl die "noch immer nicht gelöste Pensionsfalle", die vor allem Frauen betrifft. Es ist hinlänglich bekannt, dass Frauen nach wie vor mehr unbezahlte Arbeit in Haushalt und Familie erledigen. Das hat die Corona-Krise deutlich gemacht, und auch die Zahlen der Statistik Austria zeichnen ein klares Bild: Im Jahr 2020 arbeitet immerhin fast die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen (47 Prozent) in Teilzeit.

Trendl fordert daher eine Neuberechnung des Pensionssystems. Zur Erklärung: Derzeit würden die ersten vier Jahre nach der Geburt als Kindererziehungszeit für die Pension angerechnet. Als Bemessungsgrundlage werde das Medianeinkommen aller erwerbstätigen Frauen in Österreich herangezogen. Im Jahr 2019 lag das bei rund 22.800 Euro brutto.

Laut Trendl wäre es allerdings fair, das Medianeinkommen aller Erwerbstätigen – also auch das der Männer – in die Berechnung einfließen zu lassen. Zum Vergleich: Dieses betrug im Jahr 2019 knapp 7000 Euro mehr und lag bei rund 29.460 Euro brutto. Auch eine Aufstockung des Berechnungszeitraums bis zum achten Lebensjahr der Kinder hält Trendl für zeitgemäß. "Dafür könnte zumindest die Hälfte des Medianeinkommens angerechnet werden."

Pensionssplitting

Ein Vorschlag, der Frauen in Teilzeitanstellung vor drohender Altersarmut bewahren soll, nämlich das automatische Pensionssplitting, steht im türkis-grünen Regierungsprogramm. Seine baldige Umsetzung wurde bereits vor einem Jahr angekündigt. Konkrete Pläne lassen allerdings auf sich warten.

Derzeit verläuft das Aufteilen der Pension bei gemeinsam zu betreuenden Kindern lediglich auf Freiwilligenbasis. Die Zahlen der Statistik Austria sprechen auch an dieser Stelle für sich: Männer hatten im Dezember 2019 eine durchschnittliche Pension von 2022 Euro, während Frauen 1203 Euro bekommen haben. (Julia Beirer, 19.08.2021)