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In Wien wurde das Theater – vor 50 Jahren und früher – von heimischen Theaterstars bestimmt.Man hat sich am Burgtheater "die Wessely" oder "den Hörbiger" angeschaut und erst in zweiter Linie das Stück, in dem diese erklärten Größen spielten. Paula Wessely und ihr Ehemann Attila Hörbiger waren eine emphatisch verehrte Wirklichkeit, von der ihre Theaterrollen getragen wurden.

Vor rund einem Vierteljahrhundert war der alte Theaterkult von der Bühne gefegt, und man begann, das Repräsentationstheater generell – auch das "progressive" Regietheater der 1970er und -80er – anzuzweifeln. Nach 2000 folgte auf die konzeptuelle Choreografie etwas, das Florian Malzacher (51) sehr interessiert: Das Theater wird zum Versammlungsort und damit zum Ort politischen Geschehens.

Mouffe und Eribon performen sich selbst

Das Durchbrechen der sogenannten "vierten Wand" der Bühne, der Barriere zwischen Performern und Publikum, ist bereits ein Langzeitprojekt, aber das Insistieren auf Verschmelzung zwischen beiden Seiten ist heute State of the Art.

Dieser Aspekt gehört zu den Voraussetzungen für das Projekt Gesellschaftsspiele: The Art of Assembly, das der deutsche Kurator, Dramaturg und Autor Malzacher Anfang dieses Jahres begonnen hat.

Jetzt bringen die Wiener Festwochen Teil sieben dieses Vortrags- und Gesprächsformats, zu dem zwei Diskursstars als illustre Gäste geladen sind: die belgische Politikwissenschafterin Chantal Mouffe (78) und der französische Soziologe Didier Eribon (68) sprechen über "Agonistic Gatherings".

Das ist natürlich auch eine Art Theater: Mouffe und Eribon performen sich selbst und ihr Thema. Und Letzteres stellt zusammen mit dem Auditorium seine beiden Performer dar – oder besser her. (ploe, 21.8.2021)