Aisha Orazbayeva mit Violine und Tim Etchells mit Notizzettel – der übliche Schluss am Ende einer Geschichte kann auf atemberaubende oder Tränen produzierende Art herzzerreißend sein.

Foto: Hugo Glendinning

Wenn Tim Etchells auf dem Programm steht, darf man gespannt sein wie ein Flitzebogen: Was wird es wohl diesmal geben?

Der Brite, künstlerischer Leiter der Gruppe Forced Entertainment mit ihrer unvergleichlichen Postmoderne-Bühnenkunst, wirkt nicht nur als Autor von Romanen, Stücken und Kurzgeschichten, Regisseur und Performer, sondern auch als Lichtkünstler: Er hat etwa Neonschriftobjekte für den Mousonturm in Frankfurt am Main geschaffen.

Für Heartbreaking Final, das bei den Wiener Festwochen uraufgeführt wird, ist das Medium nun aber eher Schall als Licht.

Etchells hat sich mit der 1985 in Kasachstan geborenen, in London und Frankreich lebenden Violinistin und Komponistin Aisha Orazbayeva zusammengetan. Sound and Vision quasi, um kurz einmal mit David Bowie zu sprechen – wobei es in diesem Fall eher die Sprache ist, die sich einen herzzerreißenden Schaukampf mit der Musik liefert.

Radikalität im Zugang zu ihrer jeweiligen Materie

Etchells und Orazbayeva arbeiten regelmäßig zusammen, verbindet sie doch eine gewisse Radikalität im Zugang zu ihrer jeweiligen Materie: Orazbayeva ist bekannt für ihren kühnen Umgang mit dem klassischen musikalischen Kanon, aber auch mit zeitgenössischen Werken.

Zusammen mit dem Komponisten Adrian Corker war sie an der Filmmusik für Die Habenichtse (2016) von Florian Hoffmeister und die BBC- und Sky-Atlantic-Serien The Village (2013) und Tin Star (2017) beteiligt. Daneben hat sie bereits zahlreiche Alben mit unter anderem Musik von Georg Philipp Telemann, Salvatore Sciarrino und eigenen Kompositionen veröffentlicht.

In Heartbreaking Final nun, der jüngsten Zusammenarbeit der beiden, die aus gemeinsamen Improvisationen entstand, assoziiert und mäandert die Sprache rastlos herum, springt von politischen Ängsten und Erinnerungen an Liebesbriefe zu Filmhandlungen, die auf der Bühne von Performerinnen und Performern geflüstert, gesungen, gesprochen oder geschrien werden.

Dem Klang und dem Rhythmus, die die Sprache auf diese Weise produziert, setzt Orazbayeva eine eigenständige Komposition für Violine und Percussion entgegen – keine Dienstleisterin der Sprache ist die Musik hier, sondern ein Element mit eigener Dynamik. (Andrea Heinz, 21.8.2021)