Der ehemalige Grünen-Politiker Christoph Chorherr beantragte in der Causa rund um das Heumarkt-Projekt Diversion.

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Wien – Die Auswertung von E-Mails des Immobilieninvestors Michael Tojner im Zusammenhang mit dem umstrittenen Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt soll darauf hindeuten, dass Tojner tatsächlich eine Spende an den Verein S2arch des ehemaligen Grünen Wiener Gemeinderats Christoph Chorherr von einer erfolgreichen Widmung für das Heumarkt-Projekt abhängig gemacht haben könnte. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "profil", dem der E-Mail-Verkehr vorliegt, in einer Vorabmeldung am Samstag. Die elektronische Kommunikation war bei Tojner und ihm zurechenbaren Unternehmen im Zuge anderer Vorwürfe sichergestellt – und in den vergangenen Monaten auch im Rahmen der Causa Chorherr ausgewertet worden, schreibt "profil".

Ex-Grünen-Politiker beantragte Diversion

Der Hintergrund der Causa: Im Verfahren gegen den ehemaligen Wiener Grünen-Politiker geht es um den Verdacht, Spenden an einen Verein Chorherrs wären mit Blick auf Genehmigungen von Bauprojekten durch die Stadt erfolgt. Alle Betroffenen bestreiten sämtliche Vorwürfe.

Wie DER STANDARD am 5. August berichtete, will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ( WkStA) gegen zehn Beschuldigte Anklage erheben. Über die Identität derer, die angeklagt werden sollen, herrscht striktes Stillschweigen, dem Vernehmen nach soll Chorherr aber dabei sein.

Worum geht es nun also in den inkriminierten E-Mails? Die entscheidende Sitzung des Wiener Gemeinderats, dem Chorherr von 1997 bis 2019 angehörte, fand am 1. Juni 2017 statt. Nach turbulenten Wochen wurde das Heumarkt-Projekt abgesegnet. Die Wiener Grünen waren gespalten, Chorherr zählte zu den maßgeblichen Befürwortern des Projekts. Tojners Firma Wertinvest hat das Projekt Heumarkt entwickelt, er will auf diesem Areal beim Wiener Eislaufverein ein Immobilienprojekt samt Hochhaus verwirklichen.

"Vassi" und Chorherr waren "brav"

Laut "profil" schrieb eine Mitarbeiterin von Tojners Unternehmensgruppe am Tag der Genehmigung an den Investor: "Vassi (Anm.: die damalige Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou) und Chorherr brav!". Einen Tag später schrieb die Mitarbeiterin erneut an Tojner unter dem Betreff "offene Beträge": "Außerdem wolltest Du bei Widmung ITHUBA 5000 Euro spenden (…)".

"Ithuba" ist der Name des Schulprojekts, das vom damaligen Chorherr-Verein S2arch betrieben wird. Tatsächlich spendete Tojner Ende Juni 2017 5.000 Euro an S2arch, der Verein finanzierte Schulen in Südafrika. Offenbar, so schreibt "profil", erfolgte die Zahlung im Rahmen einer Geburtstagsauktion. Dem Mail zufolge war sie jedoch schon länger geplant.

Tojners Anwalt weist Vorwürfe als "haltlos" zurück

Tojners Anwalt Karl Liebenwein teilte auf profil-Anfrage allgemein mit: "Soweit es einzelne Spenden an das Hilfsprojekt von Dr. Christoph Chorherr in Afrika gegeben hat, wurden diese immer offen als Unterstützungsleistung ausgewiesen und waren an selbige zu keinem Zeitpunkt Erwartungen oder gar Gegenleistungen geknüpft." Tojner bestreitet sämtliche Vorwürfe vehement.

Der Immobilieninvestor und dessen Unternehmensgruppe hätten zu keiner Zeit die Intention gehabt, Amtsgeschäfte der Stadt Wien in irgendeiner Weise zu beeinflussen, betonte sein Anwalt Liebenwein. "Die Behauptung, unser Mandant oder seine Unternehmen hätten (…) einem Amtsträger einen ungebührlichen Vorteil zugewandt oder zuwenden wollen, ist geradezu absurd und weisen wir ausdrücklich als haltlos und unrichtig zurück!", zitiert ihn "profil".

Ebenfalls zurückgewiesen werde die Unterstellung, es sei "im Zusammenhang mit dem Projekt ‚Heumarkt Neu‘ zu unzulässigen Spendenzahlungen oder sonstigen Unregelmäßigkeiten gekommen!" Die von "profil" zitierten Angaben seien "unvollständig" und "aus dem Kontext genommen".

Das Nachrichtenmagazin kündigte derweil an, in seiner aktuellen Ausgabe über "zahlreiche weitere E-Mails, die Vorgänge rund um das Heumarkt-Projekt beleuchten", zu berichten.

Chorherr hat Diversion beantragt

Chorherr selbst hat im Mai 2021 eine Diversion beantragt. Chorherrs Anwalt Richard Soyer erklärte die Vorgehensweise im STANDARD so: "Das Ermittlungsverfahren hat klar ergeben, dass meinem Mandanten keine Pflichtverletzungen in Ausübung seiner Funktionen vorzuwerfen sind. Als Verteidigung haben wir die Durchführung der Diversion beantragt, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen".

Im Diversionsantrag, über den zuerst der "Kurier" berichtet hat, räumt Chorherr allerdings ein, dass "seine Tätigkeit als Amtsträger zeitgleich mit seiner Vereinsobmannschaft (...) ein Fehler war". Ihm sei bewusst, dass "dadurch der Eindruck entstehen konnte, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Spenden für südafrikanische Schulen auf der einen und seiner Tätigkeit als Planungssprecher der Grünen auf der anderen Seite". Dafür wolle Chorherr Verantwortung übernehmen. (nim, 21.8.2021)